Kampf im Eismeer: Krieg um die Hans-Insel

Tartupaluk – Hans Ø – Hans Insel: Ein kleiner Felsbrocken im Kennedy-Kanal ist seit dem Jahr 1973 der Gegenstand eines quasi-Krieges in der Arktis. Kanada gegen Dänemark, so heißen die Kontrahenten. Die Hans-Insel liegt im Kennedy-Kanal und wurde 1871 bei einer Arktis-Expedition entdeckt. Charles Francis Hall benannte das Eiland nach seinem grönländischen Mitglied Hans Christian Hendrik (Suersaq). Und der Status der Insel ist bis heute völlig unklar. Und da schreibe ich einfach mal drüber.

Wo liegt die Hans-Insel?

Es ist eigentlich völlig unbedeutend. Die Hans-Insel ist wirklich nur ein Stück Felsen, der im Wasser liegt. Ganz im Norden der Arktis gibt es eine kleine Wasserstraße namens Kennedy-Kanal. Der liegt zwischen dem Norden der kanadischen Provinz Nunavut und dem Nordwesten der grönländischen Kommune Qaasuitsup mit Qaanaq (Thule).

Die Hans-Insel ist ein so genanntes Kondominium. Das ist jetzt überhaupt nichts schlüpfriges. Ein Kondominium ist irgendwas, was mehreren Parteien gleichermaßen gehört. Zwischen Grönland und Kanada wurde 1973 die Landesgrenze festgelegt. Die führt genau durch die Mitte des Kennedy-Kanals. Dummerweise konnte man sich nicht auf den Verbleib der Hans-Insel einigen, da die Grenze genau in der Mitte der Insel entlangführt.

Was ist nun dieser Krieg?

Die riesige Insel Grönland ist ein autonomer Bestandteil des Königreiches Dänemark. Kopenhagen vertritt Nuuk auch außenpolitisch. Das liegt alles östlich der kanadisch-grönländischen Grenze. Westlich davon liegt die riesige Inselwelt des autonomen Territoriums Nunavut (Inuit-Sprache: „Unser Heimatland“) Kanadas.

Kanada behauptet, dass die Hans-Insel zur Qikiqtaaluk-Region (Baffin) des Territoriums gehört. Dänemark behauptet, die Insel würde zu Thule gehören. Den Inuit – also den „Eingeborenen“ der Region – ist das relativ egal. Die nutzten die Hans-Insel, die in ihrer Sprache Tartupaluk heißt, immer dafür, um von dem heutigen Nord-Kanada – also Nunavut – nach Nord-Grönland und zurück zu gelangen.

1973 wurde die Grenze zwischen Grönland und Kanada gezogen. Fein säuberlich in der Mitte des Kennedy-Kanals. Die Hans-Insel ließ man außen vor. Und so gibt es an deren Stelle eigentlich keine Grenze. Und beide Länder beanspruchen die Insel gleichermaßen. Einen unbewohnten und vegetationslosen Felsklotz in der Arktis.

2005 hissten beide Länder ihre Flaggen auf der Insel. Und um den Streit beizulegen, vereinbarten sie etwas. Denn bei einer neuen Einigung über die Seegrenze ließ man abermals die Hans-Insel außen vor. Aber die Vereinbarung besagte: Wenn Kanada auf die Insel kommt, wird die Expedition vom dänischen Dannebrog und dänischem Schnaps empfangen. Kommt Dänemark auf die Insel, wird diese Expedition vom kanadischen Maple Leaf und kanadischen Spirituosen empfangen. So möchte man immer Kriege sehen, oder?

Politischer, klimatischer und wirtschaftlicher Hintergrund

Jetzt kann man das Ganze als nette, lustige Anekdote abtun und als witzigen Lesestoff für einen Sonntag hinstellen. Das mag vielleicht auch so sein. Aber das Ganze hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten durchaus eine eigene Brisanz bekommen. Denn durch die globale Erwärmung und das Abschmelzen des Eises in der Nordpol-Region bekommt die Hans-Insel strategische Bedeutung durch ihre Lage an einer Hauptverkehrsader in die arktische Welt.

Es könnte auch sein, dass man damit beginnen könnte, nach Rohstoffen rund um die Insel zu suchen. Entsprechende Lizenzen müssten von der Regierung ausgestellt werden. Aber welche soll das sein, wenn die Hans-Insel sowohl von Kanada als auch von Dänemark beansprucht wird? Das sind alles Gesichtspunkte, die bei der Hans-Insel eine Rolle spielen. Dennoch können wir nach wie vor sagen, dass der Kampf um das öde Eiland der höflichste Krieg der Menschheitsgeschichte ist.

Kondominium

Ein Kondominium ist nichts ungewöhnliches auf der Welt. Bosnien-Herzegowina war eine Zeit lang von Ungarn und Österreich beherrscht, es gibt künstliche Inseln zwischen mehreren Staaten zur Grenzabsteckung. Die Fasaneninsel zwischen Frankreich und Spanien ist etwas ähnliches wie die Hans-Insel. Es gibt ein deutsch-luxemburgisches Hoheitsgebiet entlang der Mosel, und auch der Bodensee ist ähnlich anzusehen.

Man hat sich mit dem jeweiligen Land irgendwie arrangiert. Und selbst wenn es um den Austausch von Schnaps geht wie bei der Hans-Insel. Oder im Falle der Passport-Insel zwischen Saudi-Arabien und Bahrain, die künstlich angelegt wurde und als Genzübergang dient. Aber ich finde die Geschichte rund um die Hans-Insel schon interessant, weshalb ich sie erzählt habe.

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