Wie Ronald Pofalla Vorstand der Deutschen Bahn AG wurde

Es war der größte Aufreger des noch jungen Jahres, was da bekannt wurde: Die vereinigte Mediengilde berichtet seit gestern ohne Unterlass darüber, dass der frühere Kanzleramtsminister und Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla alle politischen Ämter niederlegt und in den Vorstand der Deutschen Bahn AG wechselt. Das Thema ist sogar heute noch präsent.

Ich weiß nicht, wie ich das den Lesern dieser Nachrichten beibringen soll. Sagen wir mal so: Die Medien haben glanzvoll gezeigt, dass sie zu gern einfach mal ungeprüft etwas abschreiben. Denn der Ursprung der Meldung ist im deutschen Satire-Magazin „Der Postillon“ zu finden. An der Meldung scheint bis heute nichts dran zu sein. Oder doch? Schauen wir mal.

Der Postillon hatte (so liest man) am Neujahrsmorgen verkündet, dass Ronald Pofalla in ein angeblich neu geschaffenes Ressort für die langfristige Unternehmensstrategie bei der Deutschen Bahn wechseln soll und dann Kontakte zur Politik in Berlin und Brüssel übernehmen soll. Soweit zur Meldung. Wie bei Pressemeldungen üblich beginnt diese mit „Berlin (dpo)„.

Was bitte ist denn „dpo“? Wahrscheinlich keine Nachrichtenagentur. Und der Postillon ist ein sehr bekanntes Satire-Magazin. Das hat aber Nachrichtenagenturen und Zeitungen / Verlage / Nachrichten nicht davon abgehalten, diese Meldung herzunehmen und aus dieser zu zitieren. Man hält sie für bare Münze. Oder ist doch alles ganz anders?

Wenn man nun hergeht und mal beim Postillon nach dem Stichwort „Pofalla“ sucht, wird man schnell fündig. Da schreibt das Magazin darüber, dass Pofalla Pressesprecher bei der NSA werden soll, dass er als allwissende Gottheit verehrt wird usw. Jedenfalls ist es pure Satire. Aber ist das auch im Falle des angeblichen Wechsels zur Deutschen Bahn so?

Laut WELT soll Pofalla „Politik-Vorstand“ des Staatsunternehmens werden. Der SPIEGEL erzählt von dem vom Postillon genannten Ressort „langfristige Unternehmensstrategie“. Die TAGESSCHAU beruft sich auf die Nachrichtenagentur REUTERS und verkündet, dass Pofalla „für politische Kontakte in Berlin und vor allem in Brüssel zuständig“ werde. Die „langfristige Unternehmensstrategie“ erzählt auch die SAARBRÜCKER ZEITUNG und zitiert sich dabei befremdlicherweise selbst.

Aufklärung findet man, wenn man sich einige Zeit durch die sozialen Netzwerke liest. Man findet wirklich eine Erklärung, und der Postillon spielt eine zentrale Rolle. Und die Erklärung geht so:

Ronald Pofalla wechselt wirklich zur Deutschen Bahn in den Vorstand. Was er dort machen wird, ist erst einmal nebensächlich. Der Fakt ist also ernst. Die vielen Medien haben also Recht. Der Postillon aber hat sie alle an der Nase herumgeführt. Die Informationen über Pofalla tropften gestern in die Nachrichtenwelt. Und der Postillon nahm sich diese auch vor. Aber auf der Seite wurde schlicht einfach mal statt des wirklichen Datums (02.01.2014) der Neujahrsmorgen angegeben. Dazu war die Nachricht mit „Exklusiv“ betitelt.

Insofern hat es das Satire-Magazin geschafft, den Coup des Bestehens zu feiern, denn plötzlich war es in aller Munde. Ich denke, anhand der Klickzahlen, die man so vermutet, sollten die Betreiber bis in alle Ewigkeit ausgesorgt haben. Aber die Quintessenz ist:

Die Meldung ist wahr, der Postillon war nur nicht der Erste. Und den deutschen Internetnutzern wurde ganz bitterböse der Spiegel vor die Nase gehalten: Die Leser machen sich lustig, wie die Medien alles vervielfältigen, während sie selbst alles vervielfältigen. Das war großartig.

3 Replies to “Wie Ronald Pofalla Vorstand der Deutschen Bahn AG wurde”

  1. Die Leser machen sich lustig, wie die Medien alles vervielfältigen, während sie selbst alles vervielfältigen. Das war großartig.

    … genau das war mein Gedanke, als sich die „Meldungen“ davon häuften- und ausgerechnet vom Postillon weitergereicht wurden. :-D

    1. Ich muss gestehen, ich habe eine Weile gebraucht, bis ich dahinter gestiegen bin. Das passiert, wenn man einfach mal so in eine bereits laufende Party platzt. Aber was da geboten wurde, war allererste Güte.

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