Singularity – Devin Townsend und die Monster

Eins vorweg: Ich habe mich nicht intensiv mit Devin Townsend beschäftigt. Aber, Leute, wir müssen uns jetzt einfach mal mit „Singularity“ intensiver befassen. Was für ein Meisterwerk! Vorsicht: Das Ding ist 23 Minuten und ein bisschen lang. Aber ehrlich: Wow! Diese Rock-Oper, Kantate, was auch immer stammt aus seinem Album „Empath“ aus dem Jahr 2019. Ich habe selten etwas derart beeindruckendes gehört. Vor allem in dieser Zeit! Grundsätzlich gilt: Lassen wir es bitte nie zu, dass die Monster und die Verrückten das Sagen haben. Steigen wir mal ein in dieses Monstrum von Musik.

Singularity – Oder: We’re in this together

„Singularity“ ist das letzte Drittel des Albums „Empath“. Devin Townsend war jahrelang davon überzeugt, dass er an einer bipolaren Störung leiden würde. Dabei war es sein Cannabis-Konsum. Allerdings ist er Synesthätiker. Er empfindet also Gefühle und Töne als Farben. Und sein Körper produziert schon seit der Kindheit zu viel Adrenalin. All das machte ihn ein bisschen zu einem Paradiesvogel in der Metal-Szene. Das macht aber nichts, ein großartiger Musiker ist er allemal.

„Singularity“ muss sehr persönlich gemeint sein. Das werden wir uns noch erarbeiten. Das Album „Empath“ selbst muss enorm harte Arbeit gewesen sein. Unzählige Gastmusiker, ein Orchester und ein Frauenchor wirken mit. Über allem thront der kanadische Genius und Multiinstrumentalist mit seiner enormen Stimme und erzählt von der Einzigartigkeit und dass wir alle im selben Boot sitzen. Im Englischen heißt das: „We’re in this together“.

Akt 1: Adrift

Ich weiß nicht, wohin ich gehen soll und was zu tun ist. Aber ich weiß, ich möchte dort sein mit meinen Armen um dich. Ich bin allein. Jetzt weiß ich nicht, wohin wir gehen oder was wir tun werden. Aber ich würde die Welt für die Liebe verkaufen und die Welt für dich umsegeln. Ich bin allein. Kein Zurück mehr, ich bin auf dem richtigen Weg.

Zwei Welten haben sie mir verkauft. Wann wolltest du mir sagen, dass das Alles eine Lüge ist? Kein Zurück, ich bin auf dem richtigen Weg. Sie sagen: „Wir fühlen deinen Schmerz, Bruder“ – Aber sie fühlen nichts füreinander. Über die Wiese, über die Felder. Leuchte für immer, leuchte für mich!

Akt 2: I am I

Aber nichts, das du gesehen hast, könnte dich jemals daran erinnern. Konzentrier dich, bereite dich auf die Erlösung durch den Schmerz vor, den du dir nicht vorstellen kannst. Verzichte auf das Material. Der Kampf formiert sich, kehre zur Reaktion zurück. Höre auf die Zeichen aus deinem Inneren. Du gehst durch die Wand. Geh durch den Schmerz, durch das Universum!

Ich bin ich. Leben ist Licht. Wir sind unendlich. Erfreut euch und erfüllt eure Herzen mit Liebe. In dieser Zeit der weinenden Augen für die verschwundenen Kinder, habt Geduld. Denn ich sehe, dass es überall auf der Welt beginnt: Die Saat des Lichts. Aber es gibt immernoch Monster.

Akt 3: There be Monsters

Steh auf! Ich lasse mich nicht zähmen. Wir müssen jetzt in den Krieg ziehen. Ich bin alles. Ich muss einen Ausweg finden aus dem psychologischen Krieg, dem psychotropen Krieg, dem psychosexuellen Krieg. Stell dich der Realität! Ich wähle das Licht. Leuchte, denn du bist das Licht. Galaxien entfalten sich in deiner Seele. Selbstsüchtiger Messias!

Akt 4: Curious Gods

Versuch die Papaya! Sanft und dynamisch fallen wir wieder. Also versuch, dich mit dir selbst anzufreunden. Aller Frieden für dich! Aller Frieden für alle!

Akt 5: Silicon Scientists

Hör mich jetzt! Du hast verloren. Ich bin hier, um dich zu finden. Du bist verloren. Ich weiß, dass du leidest. In dir und außerhalb von dir werden wir zusammen verloren sein. Ich kann dich finden. Du bist in der Dunkelheit verloren. Es kann nur Licht geben. Ich bin das Licht. Wir werden für dich sorgen. Freu dich!

Ich komme. Ich kann dich vor dir selbst retten. Du bist gebrochen. Sei dir dessen bewusst. Erwache! Binde diese Liebe an deinen Verstand. Denn wenn wir ins Meer fallen, stirbt der Verstand. Kehre zurück in den Ozean! So überleben wir durch die ewige Unendlichkeit. Wisst, dass die Jahreszeiten sich ändern und wir uns selbst verzeihen müssen. Ergreift diese Angst, wie jedes Tier es tun würde.

Akt 6: Here comes the Sun

Zum Licht möge es mich führen. Leuchte, wenn du mich hörst! Hier kommt die Sonne. Durch die Wiese, durch die Bäume. Leuchte für immer, leuchte auf mich. Auch wenn die Zukunft schwer zu sehen ist, ich werde für dich leuchten, wenn du für mich leuchtest.

Durch den Sturm mögest du ein Regenbogen sein. Verbinde dich mit dem Himmel, verbinde dich mit dem Meer. Durch die Zukunft, die schwer zu sehen ist. Wenn du nicht für dich leuchten kannst, dann leuchte bitte für mich.

Puh, schwere Kost

Mit „Singularity“ kommt Devin Townsend mit ganz großen Worten um die Ecke, nicht wahr? Es wirkt zum Teil wirr. Devin Townsend ist eben auch ein einzigartiger Geist. Es ist nicht immer einfach, dem Inhalt von „Singularity“ zu folgen. Der Kanadier schafft es allerdings auch, nicht komplett ins Skurrile abzudriften. Am Ende ist es irgendwas zwischen Richard Wagner, Frank Zappa und Tuomas Holopainen von Nightwish.

„Singularity“ verbreitet allerdings auch Hoffnung. Und wenn wir uns die Welt derzeit anschauen, dann brauchen wir auch einiges an Hoffnung. Ob es die Pandemie ist, ob es eine Horde Steinzeit-Islamisten ist, ob es die bevorstehende Klima-Katastrophe ist. Es gibt genügend Monster. Und von solchen Monstern erzählt der besondere Musiker. Irgendwie muss es gelingen, solche Monster zu besiegen. Und in der Welt von Devin Townsend gelingt dies mit Hoffnung und Liebe.

Jaja, er übertreibt mit der Nummer. Grundsätzlich ist „Singularity“ ein Sammelsurium von 6 Stücken, die irgendwie lose zusammenhängen, aber auch lose aneinander geklatscht wirken. Das kann man gut oder schlecht finden. Aber es ist nun einmal die Mache des Kanadiers. Genial ist es allemal, findet ihr nicht auch? Und was er so in den letzten 20 Jahren gemacht hat, konnte eigentlich nur zu so etwas wie „Singularity“ führen.

Das Lied

Hört euch mal an, wie die Dramaturgie von „Singularity“ abläuft. Am Ende der totale Optimismus, dass alles gut wird. Zu Beginn die komplette Unsicherheit. Dazwischen all die Unsicherheit. Zwischendurch wechselt Townsend auch mal die Perspektive. Das ist schon großartig. Wartet, hört euch die 23 Minuten an. Und dann würde mich mal interessieren, was ihr davon haltet.

Singularity
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