Die Axt im Walde

Ich bin etwas verstört. Ich habe die Axt im Walde gelesen. Nein, keine große Prosa, keine Weltliteratur. Sondern der Durchfall eines Autors. Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas mal sagen würde. Aber der, der das Machwerk da geschrieben hat, hat sicher nichts besseres zu tun als das unschuldige Auditorium vollzukotzen. Das ist die schlimmste Gedanken-Diarrhoe, die mir jemals zuteil wurde. Und weil das so ist, werde ich mal ein paar Worte dazu schreiben. Ein Hinweis dazu: Der Artikel mit dem enthaltenen, vergorenen Mageninhalt befindet sich am Ende meines Artikels als Link.

Da wird in einem längeren Artikel über Evolution erzählt. Und für den Autor ist es inzwischen gemäß der Evolution, dass der Stärkere dem Schwächeren am Bordstein das Gehirn aus dem Kopf treten kann. Und für den Autor ist es ebenso gemäß der Evolution, wenn – ja, wie sag ich das – hiesige Männer getötet werden und die Frauen vergewaltigt werden. Ja, es ist auch den Öfteren das Wort „Ficken“ zu lesen. Die Täter sind – na klar – alle irgendwie zugewandert. Und denen wird man ja nicht Herr, denen winken auch keine sonderlichen Strafen, nichts haben sie zu befürchten.

Das Blöde an solchen Dingen ist ja, dass es genügend Leute gibt, die sich da denken: Naja, vielleicht hat der Autor ja sogar Recht. Denn in der Stadt hat <Verbrechen Ihrer Wahl einsetzen> seit dem Flüchtlingsdrama zugenommen. Und ich sitze hier und komme aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Ich denke mir nur: Hoffentlich hat der nicht wirklich Recht. Was aber, wenn das stimmt?

Sie merken schon, wie schwer ich mich tue. Aber eigentlich ist es ja ganz klar. Gewaltverbrechen, Sexualstraftaten, Wirtschaftsverbrechen und all das gab es immer schon. Der Mensch ist nun mal kein domestiziertes Tier. Der tut nur so. Es ist dabei völlig egal, aus welcher Region der Welt die Gattung Mensch kommt. Gucken wir uns doch mal unser angeblich so zivilisiertes Deutschland an, wie viele böse Verbrechen es gab, bevor alle Welt von den pösen, pösen Fremden erzählt hat. Das ist doch bitteschön keine Evolution. Oder woher will der Autor die nehmen?

Er erzählt auch, wie das in dem Land gehandhabt werden würde, aus dem er stammt. Lesen Sie mal den Artikel, den ich unten verlinke. Finden Sie das eher einer Evolution entsprechend? Diese Wortansammlung, die der Herr vor zweieinhalb Jahren – da gab es noch nicht die Zustände der derzeitigen Völkerwanderung nach Europa – ins Internet gekübelt hat, bedient sich drastischer Bilder, vergleicht aber Äpfel mit Birnen. Da wird die deutsche Justiz als verweichlicht hingestellt. Und es wird auf eine unfassbare Art und Weise George Orwell als Metapher verwendet.

Und soll ich Ihnen mal was dazu erzählen? Seien wir froh, dass es nicht so gekommen ist, wie es der Herr da zusammen orakelt hat. Es könnte noch kommen, keine Frage. Aber irgendwie erwarte ich dann eine gesellschaftliche Korrektur. Jedenfalls sollte auch der letzte wissen, der bei der „Offensive für Deutschland“, bei „PEGIDA“ und „LEGIDA“ mitgeht, dass er damit solche Leute unterstützt. Denn der Autor war beim einjährigen Jubiläum von PEGIDA so eine Art Ehrengast. Der Name: Akif Pirinçci.

Wie? Nicht Hannes Müller? Was ist denn das für ein Name? Ja, Herr Pirinçci wurde in der Türkei geboren. Er hat übrigens Geburtstag, den sechsundfünfzigsten. Im Alter von 10 Jahren kam er mit seiner Familie, die Gastarbeiter waren, nach Deutschland. Er wechselte an den Schulen hin und her und schloss unterdurchschnittlich die Hauptschule ab. Er wurde Schriftsteller und überhaupt Autor und war erfolgreich mit Katzenkrimis. Irgendwann vor 3, 4, 5 Jahren muss dann irgendwas passiert sein, denn seitdem schreibt er sowas wie das Buch „Deutschland von Sinnen“.

Und er schreibt für einen Blog namens „Die Achse des Guten“, und dort bin ich auf die skizzierte Diarrhoe gestoßen. In dem Pamphlet thematisiert er den Tod eines Daniels in einem Nest namens Kirchweyhe vor 2,5 Jahren. Der Vorfall wurde thematisiert, weil die Täter türkisch-stämmige Leute sind, so wie der Autor selbst. Und seither wird der Vorfall immer wieder zu rechten Zusammenkünften an die Wand gemalt. Klar, dass Pirinçci darauf herumhacken musste. Aber wie er das gemacht hat, ist einfach nur geschmacklos.

Er argumentiert auf die Art und Weise, dass sich die Deutschen nicht von den Dahergelaufenen abschlachten lassen sollen. Und irgendwie erhält man durch das Lesen solcher Artikel immer wieder das doofe Gefühl, dass der ja doch Recht haben könnte. So ist das doch aber mit so genannten Hasspredigern, oder? Ich will hier niemandem zu nahe treten, aber der Artikel „Das Schlachten hat begonnen“ von Akif Pirinçci ist übelste Propaganda, und Akif Pirinçci führte sich dabei eben so auf, wie ich hoffe, es beschrieben zu haben: Wie die Axt im Walde.

Nein, Deutschland ist kein bedauernswerter Waschlappen. Der Autor mahnt an, was gar nicht stimmt. Und das Blödeste an der Situation ist, dass ihm so viele Glauben schenken. Ihm, der immer die Meinung vertritt „Ihr, die Deutschen, und ich, der Türke“. Irgendwie ist das eine ganz komische Situation. Aber wenn er so argumentiert wie in seinem Artikel, unterstellt er sich ja eigentlich auch, sich evolutionär an Deutschland zu vergreifen. Da seiner Evolutionstheorie zufolge die Türken beim genannten Vorfall stärker waren. Er, Pirinçci, etwa auch?

Ein abschließender Hinweis: Ich kritisiere übrigens nicht den Blog als Ganzes. Es ist gut und richtig, das Eine oder Andere zu hinterfragen und auch mal aus einem anderen Blickwinkel zu beleuchten. Ich kann zu dem Gesamtwerk „Die Achse des Guten“ noch zu wenig sagen. Aber ich darf gut und gern den verlinkten Artikel kritisieren. Und ich darf auch gern davor warnen, zu schnell zu glauben, dass der Autor Recht haben könnte. Denn dann stellt sich die Behauptung im Artikel vielleicht noch als selbsterfüllende Prophezeiung heraus. Und das kann keine wollen.

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