Die Straßen-Maut – Wie ÖPNV in Leipzig attraktiv wird

Die Präsidentin des Umweltbundesamtes sorgte für Aufsehen, nachdem sie für eine umfassende Straßennutzungsgebühr auf allen Straßen für alle Fahrzeuge sprach. Damit könne man im Sinne des Klimaschutzes insgesamt das Autofahren reduzieren. Allerdings soll die Mobilität keineswegs eingeschränkt werden. Man müsse halt die Attraktivität von Bus uns Bahn steigern. Jetzt kann man ja nicht immer nur mäkeln. Man muss auch Vorschläge bringen. Und da habe ich einen. Nur ganz grob, denn ich bin kein Verkehrsexperte. Aber wie kann man den Öffentlichen Nahverkehr in einer Stadt wie Leipzig attraktiver machen?

Eines vorab

Ich habe genug gejammert. Es geht in diesem etwas lang geratenen Artikel nicht darum, den Öffentlichen Nahverkehr als überflüssig zu betrachten. Ich würde mich freuen, wenn irgendwer den Nahverkehr für mich so attraktiv gestalten würde, dass ich mir nicht alle paar Jahre die ernsthafte Frage stelle, welches Auto ich mir zulegen werde. Der Nahverkehr muss quasi neu erfunden werden, vor allem in einer Stadt wie Leipzig. Die soll in den nächsten Jahren 30, 40% Zuwachs bekommen. Ohne sinnvollen, schnellen, günstigen und attraktiven Öffentlichen Nahverkehr geht es nicht.

Die Stadt Leipzig will die Bürgerinnen und Bürger der Stadt dazu einladen, sich an der „Mobilitätsstrategie 2030 für Leipzig“ zu beteiligen. Was ich hier aufgeschrieben habe, kann dazu beitragen, die Mobilität zu erhöhen und die Umwelt zu schonen. Der Nahverkehrsplan der Stadt steht zur Disposition. Jeder kann mithelfen, dass dieser Plan besser wird und den Nahverkehr attraktiver macht. Und deshalb habe ich mir mal etwas einfallen lassen. Es ist nicht viel. Aber es muss ja mal sein.

Die Leipziger Verkehrsbetriebe sind nicht attraktiv

Ich wurde immer wieder gefragt, wieso um Himmels Willen ich nicht mit dem Nahverkehr ins Büro fahre. Das wäre entspannt und ginge schnell. Ehrlich, das können keine Leipziger sein, die so etwas fragen. Denn ich bekomme es ja tagtäglich mit, wie das mit den Leipziger Verkehrsbetrieben so läuft. Für um die 60 Euro im Monat steht man in miefigen Fahrzeugen dicht an dicht im Stau. Oder der Bus oder die Straßenbahn kommt gar nicht. Wo ist das bitteschön attraktiv?

Wenn der Verkehr es zulässt, bin ich innerhalb von 20 Minuten auf Arbeit. Mit den Leipziger Verkehrsbetrieben dauert das bei freier Strecke (das ist ja der Vergleich) mehr als doppelt so lang. Im morgendlichen Stau ist es noch schlimmer. Denn der Bus, mit dem ich zum größten Teil fahren würde, würde ja auch bloß in diesem stehen. Und ich hätte insgesamt noch eine Viertelstunde Fußweg zusätzlich. Also müsste ich die dreifache Zeit zum gleichen Preis einplanen. Attraktiv ist anders.

Ich könnte mir schon vorstellen, mit Bus / Bahn / S-Bahn auf Arbeit zu fahren. Nur muss das – Sie ahnen es – für Autofahrer attraktiv sein. Andernfalls wird man so einen Umstieg nicht hinbekommen. Wenn ich immernoch schneller zum gleichen Preis bin, wird mich niemand überzeugen können. Und natürlich denke ich an die Umwelt. Aber am Ende des Tages ist es immernoch eine Frage des Nutzens. Das muss doch hinzubekommen sein. Auch in einer Stadt wie Leipzig.

Eine Ringbahn für Leipzig als Lösung?

Das Liniennetz der Leipziger Straßenbahn ist zentriert. Alle, wirklich alle Linien steuern die Innenstadt an. Man kommt nicht umhin, den Innenstadtring irgendwie zu tangieren. Wie Sie wissen, lebe ich im Leipziger Stadtteil Gohlis. Das ist im Norden, wo Sie die beiden blauen Straßenbahnlinien sehen. Ich arbeite im Leipziger Nordosten, wo die grüne Straßenbahnlinie zu sehen ist. Um nun auf Verbrennungsmotoren zu verzichten, muss ich einen tangentialen Bus außen vor lassen und mit der Linie 4 zum Ring und mit der 3 Richtung Nordosten.

Wie wäre es denn perspektivisch, wenn man eine neue Bahnstrecke durch die Landschaft bauen würde? Ich meine damit komplett neue Gleise. Wenn Sie sich die Grafik oben mit einem Klick vergrößern, können Sie verfolgen, was ich meine. Nennen wir die neue Straßenbahn doch einfach „Ringbahn“. Sie könnte so gebaut werden, dass die wichtigsten Straßenbahnlinien gekreuzt werden und so eine schnelle Verbindung geschaffen wird. Grob wäre der Streckenverlauf meiner kühnen Idee nach der folgende:

Sommerfeld – Heiterblick – Thekla – Messegelände – Eutritzsch, Delitzscher / Essener Straße – Gohlis – Wahren – Leutzsch, Georg-Schwarz- / Ludwig-Hupfeld-Straße – Lindenau, Hafen – Grünau-Nord – Großzschocher, G.-Ellrodt-Straße – Connewitz – Lößnig – Probstheida – Stötteritz – Mölkau (nicht in der Grafik enthalten) – Sommerfeld

Was müsste hierzu geschehen?

Ich sehe es ja als großes Problem an, dass das Straßenbahnnetz so total zentriert ist. Mit so einer neuen Strecke würde man die große Chance haben, vieles anders zu machen. Es ist allerdings unsinnig, jede Endstelle miteinander zu verbinden. Vielmehr müsste man neuralgische Punkte finden. Und dann könnte man hergehen und unter ökologischen Gesichtspunkten eine solche neue Strecke bauen. Die sollte dann vielleicht sogar mit unterschiedlichen Angeboten befahren werden. Ich stelle mir da vor:

  • Eine Bahn fährt den Ring und hält an jeder Haltestelle
  • Eine Express-Linie hält nur an den Haltestellen, an denen andere Linien kreuzen

Ich denke, mit einer sinnvollen Planung wäre so etwas durchaus möglich. Man kann ja sogar dort, wo es sich anbietet, die vorhandenen Strecken benutzen, wenn sie entsprechend ausgebaut werden. Das hätte den ungemeinen Vorteil, dass hier die Kosten nicht explodieren. Und für Fahrgäste hat all das den Vorteil, dass sie schnell an ihr Ziel kommen, wenn die neue Linie sich nicht auch noch im allgemeinen Verkehr mit anstellen müsste. Wer weiß, vielleicht können die Gleise auch gleich abseits von Straßen gebaut werden? Man könnte eine richtig gute Überlandstraßenbahn bauen, wenn man denn will.

Natürlich müssen auch die entsprechenden Fahrzeuge vorhanden sein. Das ist sogar der Fall. Einerseits gibt es den NGT12-LEI, auch „Classic XXL“ genannt. Andererseits seit neuestem den NGT10, der „XL“ genannt wird. Und vergessen wir nicht den NGTW6, der so genannte „Leoliner“, die Eigenentwicklung. Vielleicht ist so etwas auch denkbar. Man müsste sich halt auch ein Herz fassen.

Die Straßen-Maut beerdigt den Busverkehr

Wenn Frau Krautzberger als Präsidentin des Umweltbundesamtes die allgemeine Straßen-Maut nun ins Spiel bringt, müssen wir uns auch über die Busse unterhalten. Es gibt unfassbare rund 40 Buslinien in der Stadt Leipzig. Klar ist, dass man die nicht alle ablösen kann. Vor allem nicht die städtischen Metrobus-Linien. In Leipzig heißen die Linien 60, 65, 70, 80 und 90 „Stadtbus-Linie“. Als Tangentiallinien haben sie eine herausragende Stellung im Netz der Buslinien und bilden Querverbindungen zu den Straßenbahnen.

Das Problem ist: Es sind nun einmal Diesel-Stinker. Will man über eine Straßen-Maut nachdenken, muss man auch darüber nachdenken, wie man den Busverkehr neu ordnet. Auch hier können die Metrobusse eine zentrale Rolle spielen. Warum setzt man auch bei neu gekauften Bussen nach wie vor auf Diesel? Es gibt die E-Busse, Elektrobusse, Batteriebusse bereits. Von diesen könnten an den Endstellen jeweils Fahrzeuge vorgehalten werden, womit ein schneller Wechsel zum störungsfreien Aufladen gewährleistet ist.

Will man so etwas nicht, würde Frau Krautzberger zwangsläufig den Busverkehr beerdigen. Dann müsste man sich etwas komplett anderes überlegen, wie man dem Verkehr Herr wird. Denn in Leipzig steht der immer wieder am Rand des Kollaps. Unter Umständen muss man sich auch etwas einfallen lassen, um den S-Bahn-Verkehr konsequent auszubauen. Am Ende ist es so, dass es aus der Umweltsicht her überhaupt nicht einzusehen ist, wieso die Leipziger Verkehrsbetriebe nur 13 Straßenbahnlinien, dafür aber eben über 60 Buslinien betreiben, 40 davon innerhalb der Stadt.

Der Ausbau ist dringend nötig

Von meinem oben skizzierten Einfall, wie denn eine „Ringbahn“ aussehen könnte, gibt es sogar einige Trassen, die frei gehalten werden. Das heißt, dass die Leipziger Verkehrsbetriebe hier sogar weiter gedacht haben. Aber der derzeitige Nahverkehrsplan der Stadt Leipzig stammt noch aus dem Jahr 2007. Man hat mitbekommen, wie stark Leipzig wächst. Deshalb muss hier dringend etwas geschehen. Es wäre wünschenswert, wenn der jahrelange Investitionsstau allmählich abgebaut wird. Dann würde vielleicht der Öffentliche Nahverkehr an Attraktivität gewinnen.

Wenn man nämlich auf solche Zukunftsstrecken wie meine theoretische „Ringbahn“ setzt und so allmählich die Menschen aus den Autos in die Straßenbahn bekommt, werden weniger Autos in der Stadt notwendig, was die Stadt unterm Strich nicht nur sauberer, sondern auch schneller machen würde. Busse (also die E-Busse oben) würden dann auch wieder pünktlicher kommen. Und alle würden gewinnen. Vielleicht wird ja eine wirklich zukunftsweisende Debatte geführt. Meine Idee ist nur eine Spinnerei. Aber vielleicht denkt sich da jemand etwas richtiges dazu aus.

Wer soll das bezahlen?

Na klar, so etwas kostet eine ganze Stange Geld. Vor dem Gesichtspunkt der Attraktivität könnte man ja sogar über eine Art Bürgerticket nachdenken. Jeder, der die Öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt Leipzig, die in den Leipziger Verkehrsbetrieben organisiert sind, nutzen möchte, könnte dies zum Beispiel ganz unkompliziert mit einer Art App machen. Abgerechnet werden könnte das dann anhand der gefahrenen Haltestellen oder so. Man müsste dann so eine Art Rabattsystem einsetzen. Etwa in der Art:

  • 10 Haltestellen pro Monat für 5 Euro
  • 100 Haltestellen pro Monat 40 Euro

Und zwar müsste das so abgerechnet werden, dass es egal ist, ob jemand umsteigt oder nicht. Die Fahrpreise in Leipzig kann man nun wirklich langsam niemandem mehr verargumentieren. Es versteht niemand mehr. Zwar befindet sich Leipzig immernoch im Mittelfeld deutschlandweit, was die Preise betrifft. Deutlich attraktiver sind aber Städte wie Magdeburg oder Potsdam. Wenn man den Mut zu einer richtigen Erneuerung hat, kann man auf einen Schlag viel erreichen. Wie das am Ende passiert, ist egal. Nur machen muss man es.

7 Replies to “Die Straßen-Maut – Wie ÖPNV in Leipzig attraktiv wird”

  1. Thema Ringbahn…..dazu fällt mir sofort Stockholm ein.
    Nach dem Stockholm im Zuge der Umstellung von Tram auf U-Bahn sein Tram fast gänzlich einstellte. Hat man kurz vor der Jahrtausendwende eine völlig neue Tram Strecke rund um Stockholm gebaut.
    Und diese bekam den Namen Querbahn und soll alle U-Bahn Linien und Randgebiete miteinander verknüpfen.
    Man muss also nicht erst in die Stadt um dann wieder heraus zu fahren.

      1. Da fällt mir gerade noch was ein…
        Leipzig hatte doch schon mal eine Ringbahn!!!
        Die S-Bahn von LE hat Leipzig mal mit einem Ring umschlossen,
        Und es gab etwa 3 S-Bahn Linien.
        Dieser Ring fiel weg als der Tunnel kam.

  2. Hallo Henning,

    grundsätzlich nutze ich die S1 nicht mehr, einerseits ist der Weg zur Haltestelle zu weit für mich und die Straßenbahn fährt direkt vor meiner Tür. Andererseits fährt die Bahn nur knapp 5 Minuten länger als die S-Bahn.

    Den Ringverkehr erledigen Busse und das sind keine Dieselstinker mehr sondern überwiegend Hybridfahrzeuge. Eine neue Trasse durch Leipzig zu verlegen dürfte unbezahlbar sein, schon alleine die Grundstücke die gekauft werden müssten dürften unbezahlbar sein und von Häusern auf der neuen Trasse die abgerissen werden müssten oder irgendwelchen Fledermäusen oder seltenen Fröschen die gefährdet würden, nicht auszudenken.

    Die Strukturen sind ja bereits ausreichend vorhanden, was fehlt sind moderne Fahrzeuge und motiviertes Personal.

    Wenn Du argumentierst das die Busse und Bahnen im Stau stehen, stehst Du mit dem PKW aber auch im Stau. Attraktiver muss der ÖPNV nicht mal werden, den „Deutschen“ kannst Du einfach ihr Auto nicht wegnehmen. Die Ausreden warum jeder mit dem eigenen Auto fahren muss sind zu vielfältig um sie hier aufzulisten.

    LG Daniel

    1. Hallo Daniel,

      naja, ich würde schon aufs Auto verzichten, um nur auf Arbeit zu kommen. Und genau auf dem Weg ist der ÖPNV halt nicht attraktiv genug. Die Idee mit dem Ringverkehr – oder wie man das auch immer nennen will – ist ja bloß so ein Gedanke. Mir ging es darum, mal eine völlig abstruse Idee aufzuschreiben, wo man doch sonst immer nur von „Autofahrverbot“ und solchen Dingen erzählt.

      1. Guten Morgen Henning,

        Dann wäre vielleicht ein Umzug eine Idee, so dass Du einen kürzeren oder zumindest besseren Weg zu Arbeit hast. Oder Kündigen ;)

        LG Daniel

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