Fitness-Wahn: Zum Teufel damit

Lasst uns mal über Fitness-Wahn reden. Ich meine damit nicht, dass wir es bleiben lassen sollen, möglichst lang gesund zu bleiben. Ich meine etwas ganz anderes. Ich meine damit, dass wir aufhören sollten, irgendwelchen Pfunden hinterher zu rennen, die wir vor Jahrzehnten hätten loswerden können. Ich meine, es ist ja lang bekannt, dass man immer schwerer Gewicht verliert, je älter man wird. Wir sollten demnach aufhören, den Gesundheitsaposteln zuzuhören, die uns da irgendwas erzählen wollen, dass wir es nur „dolle genug“ versuchen müssen.

Gerade ich komme mit Fitness-Wahn um die Ecke?

Eigentlich müsste ich mich in Grund und Boden schämen. Ich bin ein großer, übergewichtiger Kerl, der kaputte Knie und noch ein wenig Bluthochdruck hat. Nein, das hat nichts miteinander zu tun. Und auch der Bluthochdruck ist nur zum Teil meinem Gewicht geschuldet. Wobei: Die Werte sind eigentlich inzwischen ganz gut. Aber ich schweife ab. Ich wollte ja etwas zum Thema Fitness-Wahn aufschreiben. Dann sollte ich das auch endlich mal tun.

Man kann es nämlich auch übertreiben. Ich meine nicht, dass ich im Fitness-Wahn bin, wenn ich meine Runden drehe oder mit dem oben gezeigten Band ein paar Dehnübungen und sowas mache. Ich sehe schon zu, dass ich nicht ganz einroste. Ich habe ja auch noch einiges vor mit meinem Leben. Zu früh will ich also nicht in die Kiste klettern. Nein, in Sachen Fitness-Wahn meine ich die Leute, die auf Biegen und Brechen Sportskanonen werden wollen, obwohl sie das rein von der Konstitution her nicht können.

Menschen, die Jahrzehnte lang kaum den Hintern hochbekommen haben, kommen plötzlich auf die Idee, für einen Marathon zu trainieren. Jeder fummelt mit einem Fitness-Tracker herum und prüft, ob schon genug am Tag passiert ist, damit man als „Ich habe mich genug bewegt“ gilt. Es gibt jede Menge Leute, die sich unerreichbare Ziele setzen, die ihnen dann logischerweise dann auch viel zu weit weg sind. Können wir mal bitte wieder normal werden?

Was ist denn nun eigentlich richtig?

Kennt ihr diesen ganzen Schwachsinn mit den 10000 Schritten pro Tag? Das war ja ein Werbe-Gag aus Japan. Niemand auf der Welt muss das ablatschen. Viel sinnvoller ist es doch, überhaupt sich am Tag zu bewegen. Ich hatte ja auch mal so meinen Spleen. Die Wahrheit ist doch: Wenn man sich nicht so unter Druck setzt, stirbt man auch nicht an Herzdrücken. Auch weniger hilft. Das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinkt z.B. schon bei exakt 2337 Schritten pro Tag.

Wir können also alle unsere Schrittzähler vom Handy schmeißen und die Tracker und Uhren und all das wegwerfen. Vielleicht ist es ja auch anders. Jedenfalls ist es für mich klar, dass es in jedem Fall hilft, nicht den ganzen Tag faul rumzuliegen oder auch rumzusitzen. Das wird zwar immer als „logisch“ hingestellt. Aber mal ehrlich: Dann ist ja der ganze Fitness-Wahn noch viel weniger zu erklären. Oder seht ihr das anders?

Und nochmal: Ich verdamme niemanden, der gern Sport macht und all das. So, wie das mit meinen Knien läuft, bin ich eh nicht dazu in der Lage. Ich habe mir da immer eine Rübe gemacht. Aber das muss man eigentlich nicht. Selbst die AOK erzählt etwas davon, dass 21 Minuten lockere Bewegung ausreichen, um etwas für sich zu tun. Gerade wir Home Office People können da viel tun. Und genau dafür ist so ein Band wie oben gut.

Einfach ein bisschen durch die Wohnung gehen, das Band zum Strecken oder so benutzen und all das. Es muss nicht der „innere Schweinehund“ und das Fitness Center sein. Wer das machen will: Go for it. Aber niemand soll sich zwingen. Dann lieber die Alltagsbewegung. Die ist viel sinnvoller, als dass ich mir einrede, irgendwelche Leistungen erreichen zu müssen, die für mich eh nicht drin sind. Und das beruhigt am Ende, oder?

2 Replies to “Fitness-Wahn: Zum Teufel damit”

  1. Hi Henning,
    die ganzen Coaches müssen doch Geld verdienen. Deshalb wird ja auch jeden Tag was Neues erfunden. Ich war ja jahrelang in der Kampfsport-Branche tätig und wir haben für den amerikanischen Mutterkonzern CENTURY den europäischen Vertrieb unter https://www.century-europe.eu/ übernommen. Jedes Jahr auf der FIBO (der Leitmesse für Fitness und Body-Building) wurde etwas neues hippes vorgestellt um den Leuten das Geld aus der Tasche zu saugen. Das eine Jahr waren es Bänder, das nächste Jahr Stöcke, danach Bälle – und dann wieder alles von Vorn.
    Ich versuche jeden Tag diese 10.000 Schritte zu gehen. Im Quartier in Essen schaff ich das ohne Probleme, weil ich schon durch den Arbeitsweg mit den öffentlichen einige Meter mache und wenn die S-Bahn erst in 10 bis 15 Minuten kommt, dann gehe ich die Zeit den Bahnsteig hoch und runter.
    Im Home-Office klappt das nicht, da versuche ich die Schritte nach der Arbeit nachzuholen – das gelingt aber nicht immer, wenn es wie jetzt im Herbst nur am pissen ist.
    Ich sehe mich weit weg vom Fitness-Wahn, aber meine „füllige“ Vergangenheit hat gezeigt wie schnell die Pfunde wachsen, wenn man nichts tut. Ja, das liegt am Stoffwechsel im Alter aber wer sich nicht bewegt, der wird fett – grade wenn er sich ungesund ernährt. Fertiggerichte mit Geschmacksverstärkern etlichen Salzen, Dextrosen, Verdickungsmitteln – das kann nicht gesund sein!
    Und die Marke von exakt 2337 Schritten ist eben eine statistisch errechnete Größe – der Mensch ist aber nicht gleich, sondern jeder ist anders. Ich könnte ja mal mutmaßen, dass das Risiko der Sterblichkeit zunimmt, je längere Strecken man geht. Nicht weil das Herz dann schlappmacht, sondern weil das Risiko von einem Autofahrer plattgebügelt zu werden steigt, je dunkler es draußen wird.
    Ich denke, alles an Bewegung hilft – solange man nur etwas tut. Mit meinen Kniene steht es auch nicht zum besten – merke ich nach längeren Strecken. Dafür habe ich eine Rudermaschine. Das Körpergewicht drückt dann nicht auf die Knie, aber trotzdem werden beim rudern beim beugen und strecken der Beine große Muskelgruppen bewegt.
    Was ich tatsächlich niemals machen werde: mich in einem Fitness-Studio anzumelden. Es gibt genug Möglichkeiten seine Bewegungseinheiten zu bekommen – das geht sogar mit schnöder Hausarbeit..
    CU
    P.

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