Instagram und das absurde Urteil zur Werbung

Ich bin ehrlich, ich nutze meinen Instagram-Account nicht wirklich. Den könnte ich ausbauen. Aber ich habe nicht wirklich Zeit dazu. Aber was passiert da? Langsam wird es wirklich richtig absurd. Es geht um Werbung. Aber so, dass man wirklich nur noch darüber lachen kann. Deutsche Advokaten und das Internet: Das wird irgendwie keine große Liebe mehr, habe ich den Eindruck.

Was auf Instagram alles Werbung sein soll

Ich will Ihnen mal eine kleine Geschichte erzählen. Wie Sie wissen, bin ich ja kein Raucher mehr, seit ich im Oktober 2016 aufs Dampfen umgestiegen bin. Jetzt nehmen wir mal an, ich würde mir eine neue Dampfe kaufen und wäre hellauf begeistert davon und würde auf Instagram darüber erzählen. Dazu würde ich als Hashtag den Namen des Geräts nennen, also zum Beispiel: #Dampfgeraet. Niemand hätte mich dazu getrieben oder dafür bezahlt. Dennoch soll das Werbung sein.

Laut dem „Verband Sozialer Wettbewerb“ würde ich in so einem Eintrag bei Instagram unlauter handeln. Nur weil ich ein Produkt oder irgendwas mit Hashtag nenne, mache ich Werbung? Das muss mir mal jemand bei Gelegenheit erklären. Wie ist das zum Beispiel mit dem Dieselskandal? In diesem Zuge hatten auch Nachrichten wie „ZDF heute“ oder die „Tagesschau“ Hashtags wie #VW verwendet. Sind die dann etwa Dauerwerbesendungen?

Wie kam ich überhaupt darauf?

Zunächst einmal: Mir ist so etwas nicht widerfahren. Aber der Bloggerin und Instagramerin Vreni Frost. Die hat eine Abmahnung nebst Kostennote von diesem Verband bekommen, weil sie angeblich mit jedem Foto bei Instagram Werbung machen würde. Sie schreibt, dass sie Werbekennzeichnungen ernst nimmt. Ein Hashtag / Direktlink hatte noch nie etwas mit Werbung zu tun. Warum denn jetzt auf einmal?

Soziale Netzwerke – und Instagram ist ein solches – funktionieren nun einmal nicht ohne Vernetzung. Und ein Hashtag ist eben auch dazu da, sich zu vernetzen. Wenn es angeblich unlauter sei, einen Hashtag zur Bekundung gemeinsamer Interessen zu verwenden, können wir eigentlich auch die sozialen Netzwerke vergessen. Ein Hashtag hat nichts mit einem „Geschäftsgebaren“ zu tun, das Vreni Frost in der Abmahnung vorgeworfen wird.

Gerichte, die das Internet nicht verstehen

Auf der CD „Nuhr nach vorn“ prägte Kabarettist Dieter Nuhr den Satz „Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal Fresse halten“. Das weiß ich von hier. Das Landgericht Berlin hatte dem „Verband Sozialer Wettbewerb“ Recht gegeben. Und das zeigt, dass die Juristen das Internet einfach mal nicht verstanden haben. Wenn nun alles mögliche als „Werbung“ gekennzeichnet werden soll, verliert doch unterm Strich die Werbekennzeichnung ihre Wirkung.

Diese Entscheidung, die da getroffen wurde, ist also mehr nur halb gut. Mit ihr wird noch mehr das Internet beschädigt. Ein Eintrag wie „#Tesla hat ja wieder mal Unfug getrieben“ mit einem eindeutigen Lästern über die Firma von Elon Musk wäre also Werbung. Solche Einträge sollen mit dieser Entscheidung künftig unterbleiben. Und ich frage mich: Wozu?

Das Urteil ist höchst absurd. Marken dürfen also nicht mehr in einem Hashtag erwähnt werden, wenn man nicht „Werbung“ dazu schreibt. Damit macht man die Arbeit mit dem Internet und den sozialen Netzwerken unnötig schwieriger. Natürlich kann man über die abgemahnte Vreni Frost diskutieren. Am Ende bleibt aber die Erkenntnis, dass Richter nur über das Treiben bei Instagram urteilen sollten, wenn sie das Netzwerk auch verstehen.

11 Replies to “Instagram und das absurde Urteil zur Werbung”

  1. Habe mich jetzt durch etliche Links dazu durchgeklickt, aber NIRGENDS das Urteil (nicht einmal das Az.) gefunden.

    Würde mich echt interessieren, das mal zu lesen… also genau, WAS da bemängelt wurde und mit WELCHER Begründung die Entscheidung getroffen wurde (und WIE die Entscheidung wirklich lautet).

    Kann mir das „so einfach und plakativ“, wie darüber „berichtet“ wird, nicht wirklich vorstellen.

    Werde heute mal im Lauf des Tages nach dem Az. bzw. Urteil recherchieren… oder hast Du eine Info dazu (Az. würde echt schon genügen)?

  2. Ja, das ist es wohl (nicht ausdrucken, wenn man nicht die gesamte weiße Farbpatrone leerdrucken will ;) :D )…

    Hab es jetzt nur quergelesen und es stellt sich mir so dar, wie ich es von vornherein vermutet hatte. Das Urteil wohl doch ist kein „Skandal“ und macht auch nicht das Internet „kaputt“.
    Hier hat es eine Influencerin erwischt… und es zeigt mal die Grenzen für dieses Geschäfts(!)feld auf. Das ist kein armes Mädel, dem nun verboten wird, zu sagen, welche Klamotten sie trägt, sondern eine professionelle Werbetante, der man auf die Schliche gekommen ist. Und sie nutzt nicht nur Hashtags, sondern hinterlegt diese auch noch mit Direktlinks zu kommerziellen Seiten der Hersteller/Händler.

    Und es zeigt dass – anders als in dem verlinkten Beitrag (basicthinking) behauptet – das Gericht sehr wohl ganz genau weiß, worüber es da urteilt und wie das Internet funktioniert.

    Jedenfalls musst Du Dir z. B. keine Sorgen darüber machen, hier im Blog oder bei Deinen SN-Kanälen Hashtags mit Firmenbezeichnungen zu verwenden. Du agierst ja eben nicht als Influencer oder als gewinnorientierter Werber. Es geht dabei echt um zwei verschiedene Dinge, die man nicht verwechseln sollte… einmal private oder redaktionelle Tätigkeit im Internet auf der einen Seite (z. B. bei Dir oder auch bei meinen Projekten) und kommerziell orientiertem Werbegeschwurbel (teilweise halt „getarnt“) auf der anderen Seite (wie bei dem Mädel und tausenden anderen Influencern). Hier wurden mal Grenzen aufgezeigt, was ich für nicht völlig falsch halte.

    1. Hallo Daniel,

      wenn das wirklich so ist, wäre das gar nicht so eine verkehrte Sache. Aber genau das ist eben auch das Problem. Ja, es mag sein, dass nicht jedes Hashtag zu einer Abmahnung führt. Ich glaube auch nicht, dass es dazu kommt. Aber unterm Strich bleibt eine gewaltige Unsicherheit.

      Ich hatte mir das Urteil gestern Abend auch mal zu Gemüte geführt. Es scheint wirklich so zu sein, dass die Lady da nicht ganz korrekt gearbeitet hat. Aber mich würde es nicht wundern, wenn daraus irgendwer Kapital schlägt. Wie oft kam es schon vor, dass einfach mal Unwissenheit versilbert wurde?

      Nein, ich verwende weiter die Hashtag in den Postings zu meinen Artikeln in den sozialen Netzwerken. Warum auch nicht? Ich mache nichts unrechtes. Aber vielleicht könnte man ein neues Geschäftsfeld erschließen: Weiße Farbpatronen nachfüllen.

  3. Die Gefahr, dass da Abmahnheuschrecken ihr Unwesen treiben und auf verunsicherte Menschen hoffen, die lieber die Gebühr bezahlen, als „Ärger zu bekommen“ besteht in Deutschland ja quasi permanent. Aber es scheint kein wirkliches Interesse der Politik zu existieren, der Abmahnindustrie mal die Grenzen aufzuzeigen (gerade erst wieder zu erkennen gewesen bei der angedachten Abmahn-Schonfrist bezgl. der DSGVO… die es dann doch nicht gibt).

    Aber wer rechtlich sauber agiert, braucht auch bei einer Abmahnung nicht zusammenzuzucken. Es gibt da ja etliche Möglichkeiten, den Abmahnern im konkreten Fall zu verdeutlichen, dass man sich nicht einschüchtern lässt. Die einfachste Möglichkeit wäre eine Schutzschrift, die zwar auch etwas über 80 Öre kostet, aber Abmahner von konkreten gerichtlichen Schritten abhält, sofern man auf der sicheren Seite ist.

    Für mich war das interessant, weil solche Meldungen gerade im E-Dampf-Bereich oft geeignet sind, Panik zu verbreiten und Fehlinformationen zu streuen. Hab deshalb gestern auch in der Dampfdruck-Presse was dazu geschrieben.

    1. Hallo Daniel,

      da hast du völlig Recht. Eine latente Gefahr ist immer gegeben. Und an sowas hatte meines Wissens nur die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Interesse. Stimmt, man muss sich schon so weit es irgend möglich ist, an rechtliche Bestimmungen halten. Dennoch haben die Abmahner Erfolg, weil halt einfach zu viele Angst haben.
      Was für eine Schutzschrift soll das den sein? Ich werde mal bei dir im Blog vorbei schauen. Ich weiß, dass es im Dampfer-Bereich arge Probleme gibt. Und da ich, wie du sicher weißt, selbst ein solcher Konsument bin, ist das mit Sicherheit interessant für mich.

      1. Eine Schutzschrift ist eine Art Präventivverteidigung. Bekommst Du eine Abmahnung und regierst nicht bzw. nicht so, wie es von Dir (vom Abmahner) erwartet wird, so kann der ganz flott eine einstweilige Verfügung gegen Dich bei Gericht erwirken, was dann echt Mist ist. Das Problem bei der Sache: Der Abmahnende muss einfach SEINE Sicht vor Gericht erklären (also in der Regel das, was er Dir in seine Schreiben auch mitgeteilt hat). Das Gericht prüft das dann aber nicht eingehend oder substanziell, sondern es wird nur grob geschaut, ob das rechtlich korrekt erscheint… es wird sich nicht der konkrete Sachverhalt genau angeschaut… uuund DU wirst zu der Sache nicht gehört (und nicht einmal schriftlich „befragt“). Also wenn Du stichhaltige Argumente gegen die Sache hast, erfährt das Gericht die nicht.

        Eine Schutzschrift ist nun die Möglichkeit, Deine Gegenargumentation anzubringen… und zwar bevor eine Verfügung erlassen wird. Will nun der Abmahner eine Verfügung vor Gericht erwirken, so geht das nicht mehr ganz so ohne weiteres, wenn eine entsprechende Schutzschrift vorliegt. In der Regel müsste der Abmahner nun eine ordentliche Verhandlung anstreben, bei der natürlich beide Seiten gehört werden. Das ist leider kein 100%iger Schutz, denn wenn Deine Argumentation echt nicht Hand und Fuß hat oder wenn es andere Gründe gibt (echte Eilbedürftigkeit, gewichtige Rechtsgüter erscheinen akut bedroht etc.), dann kann(!) das Gericht trotz Schutzschrift eine einstweilige Verfügung erlassen. Das hilft aber gegen die unlauteren Abmahner, die die Masche nutzen, Leute einzuschüchtern und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und Zahlung der Gebühren zu drängen. Bist Du Opfer eines solchen Falles, dann wird der Abmahner sich das klemmen, wirklich vor Gericht zu ziehen… es ist also ein recht guter Abzocker-Schutz.

        Du brauchst für die Hinterlegung der Schutzschrift übrigens keinen Rechtsanwalt… aber dann musst Du schon wissen, was Du tust und wie Du schlüssig (für das Gericht) argumentierst… und Du musst natürlich echte Gegenargumente haben und sicher sein, dass Du keinen Verstoß begangen hast. Inzwischen erfolgt die Hinterlegung der Schutzschrift online per Formular… es entstehen aber die genannten Kosten.

        Ohne Anwalt ist das aber keine Sache für jeden, man muss schon ein wenig Kenntnis der Materie haben.

        1. Hallo Daniel,

          das klingt jedenfalls interessant. Du kennst dich jedenfalls damit besser aus als ich. Ich habe bis heute noch nichts davon gehört. Es kann auf jeden Fall nichts schaden, sich damit zu beschäftigen. Aber mir scheint, das sollte man tatsächlich in Hände geben, die damit umgehen können.

  4. Bitte zukünftig auch in persönlichen Gesprächen entweder Marken-Namen umschreiben oder explizit daraufhin weisen, dass es sich um eine werbende Konversation handelt. Auch das könnte unlauterer Wettbewerb sein! Und Vorsicht: Die Gedankenpolizei hört mit! #sarkasmusaus

    1. In Sachsen gibt es derzeit Werbung für „Werbung im Radio“. Die haben neue Spots gebaut, in denen die das genau so auf die Schippe nehmen. Am Ende hat das aber vielleicht auch nicht mehr viel mit Sarkasmus zu tun.

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