Ja, es ist noch einen Monat hin, bis das bekannteste Album von „The Boss“ 30 Jahre alt wird. Trotzdem kann man doch schon an das Album erinnern, was für Springsteen zum bisher größten Erfolg wurde. „Born in the U.S.A.“ ist das erste Album, auf dem Bruce Springsteen Synthesizer einsetzt. Und es ist zudem das erste Album, das in den USA die erste CD-Veröffentlichung überhaupt war. 30 Jahre ist das nun her. Und das ist das Album.
Das Album beginnt mit der Stadion-Rock-Hymne „Born in the USA„, eine bitterböse Karikatur auf die amerikanische Gesellschaft und auf den Umgang der USA mit den Veteranen des Vietnam-Kriegs. Was außerhalb des englischsprachigen Sprachraums als Hymne an sein Heimatland durchging, ist eigentlich eine Kritik auf die Verhältnisse im „Land of the brave“.
„Cover me“ ist die Suche nach Trost, wenn die Zeiten schwer sind. Wenn alles trist und grau ist, brauchst du jemanden, der dir Liebe schenkt. Es ist die Suche nach Schutz vor dieser Welt, die diesen Blues bestimmt.
Dann singt der Rockpoet davon, dass er und sein Freund Wayne am 4. Juli (ja, der Independence Day) von New York aus nach „Darlington County“ gefahren sind, um an der Landesgrenze Arbeit zu finden. Es geht darum, von der Großstadt in die einfachen Verhältnisse auf dem Land zu wechseln. Wayne wurde dann 1 Woche nicht bei der Landarbeit gesehen und dann von der Polizei in Handschellen abgeführt. Und er fährt wieder weg aus der Kleinstadt, die ihm und Wayne kein Glück brachte. Ein fantastisches Lied über eine Art Goldgräber-Stimmung.
Freitagabend wird einer drauf gemacht, denn es war Zahltag für die, die am Highway arbeiten. „Working on the Highway“ erzählt von den Bauarbeitern an den amerikanischen Highways. Sie träumen von dem kleinen Glück mit dem Mädchen des Herzens und von der großen Party. Für mich eins der besten Springsteen-Gröhler.
Eins der besten Lieder des Albums ist dann „Downbound Train“. Er hatte alles, einen Job, ein Mädchen. Und er war ein angesehener Mann. Und dann ging es für ihn abwärts, als ihre Liebe zerbrach. Zur Redewendung „Downbound Train“ sagt man im Deutschen „absteigender Ast“. Dementsprechend traurig und kraftvoll ist das Lied. Aber am Ende wendet sich alles zum Guten, und der Protagonist ist zuversichtlich.
Ich denke, die meisten kennen „I’m on Fire„, das Country-Liedchen über das Verlangen nach einem Mädchen. Er steht in Flammen und ein Güterzug fährt durch seinen Kopf. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Liedchen nach „Born in the USA“ das bekannteste Stück des Albums ist. Und hörenswert ist es noch dazu.
„No Surrender“ – keine Kapitulation. Das Lied der renitenten Jugend. Es geht um Blutsbrüder, die draußen auf den Straßen den Krieg der Banden mitbekommen. Und er erinnert sich daran, während er älter wird. Dies ist wohl das typischste Springsteen-Lied des gesamten Albums.
„Bobby Jean„, irgendwo ist sie hingegangen, als er 16 war. Und er vermisst sie nach wie vor. Ein sehr romantisches Lied über erste Liebe, ersten Herzschmerz und über alles, was man so als Teenager durchmacht. Ein absolutes Highlight des Albums.
Zünftigen Rock’n’Roll gibt es dann mit „I’m going down„, ein Lied darüber, wie er vor ihr kapituliert, vor den Waffen der Frau. Aber Zweifel begleiten den Protagonisten auf dem Liebesakt. Ich denke, solche Situationen haben viele erlebt. Dieser Fakt und der Mitsing-Charakter des Liedes macht es heute immernoch zu einem beliebten Lied, vermute ich.
Glorreiche Tage, die gute alte Zeit – jeder kennt sie. „Glory Days“ erzählt darüber. Wie war das damals, als man Baseball und Speedball spielte? Und man erzählt sich darüber. An Abenden, an denen man sich mit den Leuten von früher betrinkt. Das sind so die Geschichten, die das Leben schreibt, oder?
„Dancing in the Dark“ ist wieder so ein Highlight des Albums. Die Geschichte über den einfachen Mann, der im „Misthaufen“ lebt und das Leben an sich vorbeiziehen sieht. Irgendwo passiert etwas auf der Welt, nur nicht hier. Und er ist müde und gelangweilt. Und er bietet seine „Kanone“ einer Frau an. Er ist Nachtarbeiter, deshalb tanzt er im Dunkeln. Und er will sein Leben ändern. Ein sehr Ich-bezogenes, aber optimistisches Lied, das mir immernoch sehr gut gefällt.
Abgeschlossen wird der Album-Kracher mit der nachdenklichen Ballade „My Hometown„. Das ist seine Heimatstadt, die dem Verfall gewidmet ist. In den USA wandert die Industrie umher. Wo sie wegzieht, verfallen die Städte, und die Leute ziehen weg. Was bleibt, sind leere Straßen, leere Geschäfte, Geisterstädte. Was einmal seine Heimatstadt war, wird mehr und mehr eine Ruine. Für mich die böseste Kritik an der amerikanischen Gesellschaft. Und zugleich das beste Lied des Albums.
Bruce Springsteen hat immer die Geschichten der kleinen Leute erzählt. Er hat nie hinterm Berg gehalten, was die amerikanische Unter- und Mittelschicht beschäftigt. Und das spiegelt sich auch immer in seinen Liedern wider. Das Album „Born in the U.S.A.“ war sicherlich hauptsächlich wegen des Titelstücks so erfolgreich. Aber die Kritik am System USA zieht sich durch die gesamte Dreiviertelstunde. Und das macht Springsteen aus.
Von den 12 Liedern wurden 7 Stück als Single ausgekoppelt. Davon waren „Born in the USA“ und „My Hometown“ die erfolgreichsten. Man bekommt ehrlichen Rock zu hören, man bekommt das Gegenspiel Party-Lied und ernster Inhalt zu spüren, man wird in die Welt des Amerikaners versetzt, der nicht einverstanden ist mit dem, was „die da oben“ so beschließen. Und das macht das Album bis heute aus.