Straßenbahn Leipzig: Pannen über Pannen

Als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet: So könnte man das Desaster der Straßenbahn Leipzig bezeichnen. Der Tramino ist eine einzige Pannenserie. Ausfälle über Ausfälle, Pannen über Pannen bei der schicken XL-Straßenbahn: Das können die LVB so nicht mehr hinnehmen. Und deshalb wird der Rettungsanker geworfen.

Das Sorgenkind der Straßenbahn Leipzig

Der 38 Meter lange Lindwurm sollte nach und nach die Tatra-Züge in Leipzig ersetzen. Mit großem Tamtam wurde der Tramino der Herstellers Solaris in der Version speziell für Leipzig vor 1,5 Jahren vorgestellt. Allerdings hatte es nicht lang gedauert, bis die Probleme begannen. Als ich außer Gefecht war, fuhr ich Straßenbahn. Und im Tramino ließ sich kein Fenster öffnen, und die Klimaanlage funktionierte nicht. Ich musste fluchtartig das Fahrzeug verlassen.

Das ist nur ein Beispiel in einer sehr langen Liste von Ärgernissen. Im Schnitt gibt es jeden zweiten Tag einen Ausfall mit den neuen Bahnen. Von der „kostengünstigen Sauna“ war die Rede. Auch von enormer Kälte war schon die Rede. Es gab Probleme mit den Bahnen, die mitten auf zentralen Kreuzungen einfach mal stehen blieben. Sie sprangen aus dem Gleisbett. Türen ließen sich nicht öffnen. Und so lässt sich diese Liste fortführen.

Was das Dauerthema Klimaanlage betrifft, so ist man seit etwa einem Jahr mit Bimmel-Bauer Solaris und dem Hersteller der Klimaanlage auf Fehlersuche, ohne erkennbar Erfolg vorweisen zu können. Zudem bestehen Lieferschwierigkeiten mit den Sublieferanten bei der Antriebstechnik und den Fahrwerken. Das ist alles ein Zustand, der niemandem zuzumuten ist.

Keine neuralgischen Linien mit dem Tramino

Die XL-Straßenbahn namens Tramino fährt vorwiegend auf der Linie 4 zwischen Leipzig-Gohlis und Leipzig-Stötteritz. In Gohlis sprang sie schon aus dem Gleis, was zum Verkehrschaos führte. Und in der Innenstadt blieb sie mitten auf der Kreuzung Augustusplatz stehen. Der Geschwindigkeitssensor war ausgefallen. Jedenfalls haben die LVB nun offenbar die Reißleine gezogen. Denn die Straßenbahn Leipzig lässt den Tramino nicht dort fahren, wo es geplant war.

Es gibt so neuralgische Strecken im Liniennetz. So auch die Linie 10 zwischen dem nordwestlichen Leipzig-Wahren und dem südlichen Leipzig-Dölitz. Das sollte die zweite Linie für den Tramino werden. Das passiert nun nicht. Stattdessen kommt die XL auf der Linie 3 zwischen dem südwestlichen Leipzig-Knauthain und dem nordöstlichen Taucha / Leipzig-Paunsdorf zum Einsatz. Und die Linie 4 bleibt bestehen.

Die Linie 3 ist ins Visier geraten, weil an deren Strecke das Werk der Straßenbahn Leipzig in Heiterblick liegt und ein großer Straßenbahnhof. Man rechnet also mit weiteren Ausfällen und will die Pannenbahnen dann gleich aus dem Verkehr ziehen. Und mal ehrlich: Weder auf der Linie 3 noch auf der Linie 4 gibt es eine nennenswerte Alternative. Im Vergleich zur Linie 10. Ob das so eine gute Idee ist, weiß ich nicht.

Kein Bestellstopp für die Pannenbahn

Also wenn so ein Tramino von der Straßenbahn Leipzig eingesetzt wird und mal keine Panne hat, dann ist der Komfort für die Fahrgäste schon oberstes Regal. Das weiß ich selbst, denn wenn wir mal in die City fahren, nehmen wir die Straßenbahn und kommen manchmal mit der Pannenbahn in Berührung. Aber es ist doch oftmals höchst problematisch, wie sich das Fahrzeug benimmt. Zuverlässigkeit geht anders.

Dennoch kommen die Leipziger Verkehrbetriebe nicht auf die Idee, Regress zu fordern oder die Bestellung zu stoppen. Das Unternehmen hat 23 Fahrzeuge bestellt, von denen 13 bisher geliefert wurden. Die restlichen Bahnen sollen noch in diesem Jahr kommen. Und es gibt zwei Optionen von jeweils neun weiteren Bahnen, die die LVB auch noch ziehen wollen. Und das bei den Problemen? Nicht wenige reiben sich verwundert die Augen.

Vor allem vor dem Hintergrund stetig steigender Preise fragen sich viele, was hier die Gedanken sind. Denkt denn wirklich jemand bei der Straßenbahn Leipzig, dass die Probleme noch in den Griff zu bekommen sind? Nach einem halben Jahr Vorlaufzeit und dann ein Jahr Betrieb weiß immernoch niemand, wo beim Tramino der Hase im Pfeffer liegt? Da darf ich doch sehr skeptisch sein, was die weiteren Fahrzeuge dann betrifft.

Wisst ihr noch? LeoLiner und ClassicXXL

Die Straßenbahn Leipzig verfügt über eine ziemlich große Flotte mit unterschiedlichen Fahrzeugen. So gibt es immernoch die scheppernden Tatra-Züge, die ja der Tramino ersetzen sollte. Es gibt die 27 Meter langen Niederflurwagen namens NGT8, die oftmals inzwischen zu klein sind und vom Tramino ersetzt werden sollten. Aber es gibt noch mehr.

Der LeoLiner war eine Eigenentwicklung der LVB. Den gibt es mit 22 Metern Länge als Einzelwagen oder 44 Metern als Doppelwagen. Jeder einzelne LeoLiner hatte seinen eigenen Namen und war nach Stadtteilen benannt. Es gab auch hier immer wieder Probleme. Aber die sind nichts im Vergleich zu dem Desaster namens Tramino.

Der ClassicXXL ist die „Flexity Classic“ von Bombardier. Mit 45 Metern Länge das längste Fahrzeug der Straßenbahn Leipzig und bis heute das Non-plus-Ultra. 33 Fahrzeuge kurven davon in Leipzig herum. Ausfälle? Ja, gab es sicherlich auch. Aber über die wurde kaum berichtet.

Die beiden Fahrzeuge funktionieren einfach. Ja, auch diese fallen mal aus. Wie das eben mit Technik ist. Aber so eine kontinuierliche Pannenserie mit diesen massiven Problemen wie beim Tramino sind nicht bekannt. Vielleicht hätte man eher die Flotte mit diesen Modellen ausbauen sollen. Wer weiß das schon? Andererseits sollen andernorts die Probleme mit anderen Fahrzeugen noch größer gewesen sein.

Hätte es anders kommen müssen?

Ich weiß nicht so richtig: Hätte man die Probleme erkennen und beseitigen müssen, bevor der XL in den Linienbetrieb ging? Ich habe oft dazu gelesen, dass viele Kinderkrankheiten (so werden diese massiven Probleme nach wie vor genannt) erst im Regelbetrieb erkannt werden. Aber so ein Standardproblem wie die Steuerung der Klimaanlage hätte man meiner Meinung nach im Vorfeld erkennen müssen.

Vielleicht konnte man nicht alle Probleme im Testbetrieb erkennen. Dass sich aber der Testballon im ersten Halbjahr 2017 ordentlich benommen hatte und erst dann die Schwierigkeiten erkannt wurden, als die Bahn an den Start ging, will ich irgendwie nicht glauben. Insofern glaube ich schon, dass es anders hätte kommen müssen. Inwieweit man hier die Straßenbahn Leipzig zur Verantwortung ziehen muss, weiß ich nicht. Es bleibt aber an der Stelle spannend.

3 Replies to “Straßenbahn Leipzig: Pannen über Pannen”

  1. Leipzig bekommt quasi eine Mehrfachstrafe für mehrfaches Versagen.

    Sachsen fördert Hersteller A (in dem Fall Bombardier) und kauft bei Hersteller B (Solaris)? Unlogisch, also wenn ich schon Steuergelder irgendwo reinbuttere dann sollte da schon auch was wieder zurück kommen.

    Hausaufgaben machen vergessen? Hätte man mal sich die Pannenstatistik angeschaut die Solaris mit all ihren Bussen und Bahnen durch die Republik schleift, wäre man früher schlau geworden und hätte da erst garnicht bestellt.

    Wie heißt es so schön wer billig kauft, kauft zweimal.

  2. Warum nicht einfach die alten Tatrabahnen weiternutzen und das Geld sparen ? Das Gejammer über die Treppen ist Kategorie First World Problem.

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