Leipzig und sein Einheitsdenkmal

Normalerweise werden bedeutende Denkmäler zu runden Jahrestagen der zu bedenkmalenden Ereignisse erschffen. Somit ist davon auszugehen, dass Leipzig 8 Jahre auf das so genannte Einheitsdenkmal warten soll. Anzunehmen ist, dass es nicht so lang dauert.

Im „Neuen Rathaus“ zu Leipzig, Hort der Stadtobersten, wurde beschlossen, dass ein zentraler Ort in Leipzig umbenannt werden soll. Zu DDR-Zeiten gab es in Leipzig bereits Straßen wie die „Straße der Befreiung am 8.März 1945“ oder die „Straße der Bauarbeiter“ oder bis heute die „Straße des 18.Oktober“. Nun kommt ein Platz hinzu, nämlich der „Platz der Friedlichen Revolution“.

So einen sinnesschwangeren Namen soll der heutige Wilhelm-Leuschner-Platz in Leipzig ab dem 09. November 2013 tragen. Eine entsprechende Verwaltungsvorlage des Dezernates Allgemeine Verwaltung, die der Erste Bürgermeister Andreas Müller einbrachte, passierte heute die Dienstberatung des Oberbürgermeisters. So verkündete es zumindest die Stadtverwaltung heute, am 05. Oktober 2011.

Zu dieser Entscheidung ist die Stadtverwaltung offenbar aus völlig nachvollziehbaren Gründen gekommen. Leipzig soll das „Freiheits- und Einheitsdenkmal“ bekommen, und zwar bis zum 09. November 2014. Da ist es natürlich sinnvoll, dieses Denkmal auf dem dazu passenden Platz zu bauen.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob zuerst das Huhn oder das Ei da war. Aber die Sache ist ganz einfach: In Berlin wurde Leipzig als Heimat für das Einheitsdenkmal auserkoren, weil hier in dieser Stadt die friedlichen Demonstrationen zum Ende der DDR stattfanden. Und als Stadt hat man sich der Bundespolitik gefügt und einen bedeutenden Platz der Stadt mit einem zukünftig geltenden neuen Namen versehen. Ende, aus, fertig.

Der Zeitplan ist allerdings straff. Der inzwischen deutschlandweit bekannt gewordene „Citytunnel“, der Leipzig zweifelhafte Schlagzeilen einbrachte, soll nun von der Deutschen Bahn im Dezember 2013 fertig gestellt werden. Ab diesem Zeitpunkt sollen dann Nah- und Fernzüge durch den Tunnel rollen und an der bisherigen Haltestelle „Wilhelm-Leuschner-Platz“ Halt machen. Die Station müsste dann schon einmal umbenannt worden sein in „Platz der Friedlichen Revolution“. Ich stelle mir da gerade die internationalen Ansagen vor, die dann aufsagen werden: „Place of peaceful revolution“.

Aus den Zügen werden wahre Heerscharen von Touristen strömen und sich das Einheitsdenkmal ansehen wollen. Also wäre es schön, wenn es dann auch zeitnah dort erbaut werden würde. Denn nichts ist schlimmer für Leipzig, als Heldenstadt mit einem „Platz der Friedlichen Revolution“ zu glänzen, auf der das Einheitsdenkmal stehen soll, was dann nicht da ist.

Unter den Leipzigern findet sich der eine oder andere Kommentar, der diese Pläne etwas skeptisch sieht. So ist die Sorge, dass das Denkmal zwischen den Kisten und Kartons von Großmarkthändlern stehen würde oder sich die vielen Touristen zwischen all den mutmaßlichen Denkmälern verirren würden. Nachdem die Planung und Erschaffung des Citytunnels sehr fragwürdig abliefen, sind solche Gedanken in Leipzig völlig normal. In anderen Städten müssten medienwirksame Schlichter wie Heiner Geißler bei Stuttgart 21 einberufen werden.

Fakt ist, der jetzige Wilhelm-Leuschner-Platz muss nach den Bauarbeiten zum Citytunnel sowieso umgebaut und umgestaltet werden. Für die Umgestaltung des Platzes zum „Platz der friedlichen Revolution“ gibt es 6,5 Millionen Euro. Und damit kann man doch dann auch die Wunden des Tunnels kurieren.

Leipzig wird derweil für seine Ideen und Visionen von Bund und Wirtschaft gelobt. Aber mir fällt da ein treffendes Zitat ein. Ludwig Erhard hatte einmal gesagt: Wer Visionen hat, sollte lieber zum Arzt gehen. Ich hoffe nur, dass Leipzig sich nicht zu sehr überschätzt. Die Heldenstadt soll das bleiben, was sie ist, und sich nicht zu einem Mythos entwickeln. Schließlich hat Leipzig noch das „Frühstücksei“ vor der Oper liegen.

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