Die ARD klärt auf: ACTA nützt keinem Urheber etwas – Die Proteste gerechtfertigt?

Langsam kann man es überall hören: Die Proteste gegen ACTA sind durchaus gerechtfertigt. Die Internet-Hardliner wie Ansgar Heveling sehen das zwar völlig anders, aber das interessiert so gut wie niemanden. Und durch die ARD – jawohl, einer öffentlich-rechtlichen Anstalt – können sich die Piraten bestätigt fühlen.

Viele Beobachter haben sich gefragt, warum ausgerechnet Oberjustizbiene Schnarre, also Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, um die Ecke geschossen kommt und ACTA auf Eis legt. Viele vermuteten dahinter kalte Füße der Bundesregierung. Aber die Erklärung ist eine ganze einfache. Und die liefert Joachim Wendler vom Bayrischen Rundfunk.

Während das Medienkartell immernoch die alten Socken unseres Bundespräsidenten beriecht, ob da nicht etwas heimlich geschenkter Fußpilz zu finden ist, hat sich Joachim Wendler einmal mit dem Thema ACTA pragmatisch auseinander gesetzt. Ich finde, hier liefert die Rundfunkanstalt aus dem Bayern-Freistaat eine vortreffliche Aufklärungsarbeit. Man könnte annehmen, dass das Liz-Mohn-Friede-Springer-Gedächtnis-Kartell dazu nicht in der Lage wären.

Viel zu viel wurde über ACTA berichtet. Fast immer wurde sensationslüstern über Meuten von Demonstranten berichtet. Man gewann den Eindruck, dass nicht über das „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“ sondern über die Unruhen in Griechenland oder Syrien berichtet wurde. So ist es aber, wenn das Medienkartell aus Bertelsmann, Springerverlag und WAZ-Gruppe ihre Felle davonschwimmen sehen.

Ich kann da Parallelen zum Ende der DDR ziehen. Da wurde von den Staatsmedien auch jeden Montagabend berichtet, in Leipzig würden sich Staatsfeinde und subversive, kriminelle Elemente herumtreiben. Dabei sahen die Staatslenker auch die oben genannten Felle, die sich davon machten.

Was klärt nun eigentlich die ARD auf? Genau das, was der Titel des Artikels aussagt: Dieses unsägliche Abkommen nützt keinem Urheber etwas. Denen ist es sogar ziemlich egal. Das Urheberrecht wird dadurch weder besser noch für Urheber nützlicher. Es gibt nur einen Haufen, dem ACTA etwas nützt. Das sind die Rechteverwerter.

Es sind die Verlage, die Agenturen, die Filmverleiher – kurz: alle Organisationen, die irgendetwas mit Vermarktung zu tun haben. Und denen droht jetzt das Schicksal, dass sie durch das Internet überflüssig werden. Schließlich ist das Internet das bessere Verteilungsmittel. Also auch der bessere Vermarkter.

Wenn die Urheber, also Musiker, Komponisten, Schriftsteller, Filmemacher, also alle Art Autoren und die zeichnenden und bildenden Künstler alles andere als scharf auf ACTA sind, sind die Proteste in meinen Augen gerechtfertigt. Was würde aber den Urhebern helfen? Darauf hat auch die ARD, also Joachim Wendler, die passende Antwort: „Den Urhebern geistiger Werke nützte nur ein wirklich neues Urheberrecht. Dafür steht ACTA nicht.

Der Holtzbrink-Verlag in Form der ZEIT hat eine erweiterte Betrachtung zu den Protesten gegen ACTA geliefert. Und zwar in seinem Blog „Netzpolitik“. Da wird von Büttenreden geschrieben. Die EU-Kommission wird zitiert, dass es traurig sei, dass die Diskussion sich nun auf die Grundrechte verschoben habe. Und es wird das „Aktionsbündnis gegen AIDS“ zitiert, dass der Zugang zu Medikamenten erschwert würde, würde ACTA so eingeführt. Aber in dieser Auflistung des Autors ist nichts zu lesen, dass das eigentliche Ziel des Urheberschutzes gar nicht erreicht werden kann.

In jedem Fall ist eines klar: Die Piraten haben bereits 2009 auf die ACTA-Problematik hingewiesen. Sie schrieben „damals“ in ihrem Blog, dass ACTA die Grundrechte und die Freiheit des Internets bedrohen würde. Ich denke, wenn man bedenkt, dass seit 2008 in irgendwelchen Hinterzimmern zwischen den USA, Europa, Japan und einigen anderen verhandelt wird, wie der Umgang mit Urheberrechtsverletzungen geregelt werden soll, und erst seit kurzem die öffentliche Berichterstattung lauter dazu berichtet, dann stellt man fest: Hier soll den Völkern etwas übergeholfen werden, was niemandem im Privatbereich nützt sondern eher schadet.

Bei der wahnsinnigen Geheimhaltung rund um das Abkommen stelle ich mir gerade vor, wie Gamaschen-Joe und Messer-Mikey die Straßen ihres Viertels unter sich aufteilen und dabei in verrauchten Hinterzimmern von schäbigen Kneipen ihre Absprachen treffen. Und Gamaschen-Joe und Messer-Mikey kommen überein, dass sie alle kriegen werden und von jedem Schutzgeld einziehen werden.

Die Piraten warnen eindringlich seit Jahren davor, dass Abkommen wie ACTA auch den normalen Nutzer und nicht nur Urheberrechtsverletzer betrifft. Durch so etwas wird natürlich auch für die ärmeren Nationen oder für mittellose Bürger der Zugang zu Wissen und Bildung erschwert oder gar verhindert. Und alles, damit Rechtevermarkter auch ja genug in die eigene Tasche wirtschaften können.

Nein, liebe Vermarkter, so geht das nicht. Ihr lieben Vermarkter bringt nichts eigenes zustande. Ihr pflegt nur eure Kontakte, um irgendwelches Zeug breit zu treten. Dabei redet ihr immer wieder davon, dass ihr im Sinne der Autoren handelt. Aber das ist völliger Quatsch. Viele auch namhafte Bands wagen eben den Schritt der Eigenvermarktung, weil sie a) direktes Feedback auf ihre Werke erfahren und b) nicht noch irgendwelche Mittelsmänner mit sich rumschleppen müssen, die zu nichts gut sind, als im Weg zu stehen.

Ihr wollt ein Beispiel? OK, ich habe eins: Orchestral Manoeuvres In The Dark, OMD. Die vermarkten sich selbst. Und zwar seit 2009. Sie veröffentlichen auf ihrer Webseite Demo-Versionen neuer Lieder, die entweder demnächst als Single erscheinen oder auf dem nächsten Album zu hören sind. Sie erfahren dabei über Facebook, Twitter oder ihr eigenes Forum direkt, ob der Fangemeinde das neue Machwerk gefällt. Vermarktet wird dann das Album seit „History of Modern“ (2010) von „100% Records“, die außer OMD niemanden aus dem „Mainstream“ vermarkten. Also quasi: Eigenvermarktung von OMD.

Und warum machen OMD das? Denen ging es schlichtweg auf den Geist, dass Plattenlabels ihnen ins Handwerk pfuschten. Da war man auf Tour und kam wieder und hörte ein Lied im Radio, was nie hätte Single werden sollen. Das wollten sich die Herren bei ihrem Comeback einfach nicht mehr antun.

So, nun wisst ihr, liebe Vermarkter, warum Urheber euch nicht mehr brauchen. Vermarktung funktioniert über das Internet viel effizienter. Und dem wollt ihr einen Riegel vorschieben, getarnt als Anti-Produktpiraterie-Akt, in Wirklichkeit ein hemmungsloses Mittel gegen das freie Internet. Und deshalb sind die Proteste gerechtfertigt. Und Joachim Wendler hat mit seiner Einschätzung völlig Recht.

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