Wegen Abmahnungen: Nennt es bloß nicht „Webinar“!

Na, habt ihr in letzter Zeit alle an einem tollen Webinar teilgenommen? Klasse, dann können ja die Veranstalter die Abmahnungen deswegen nun langsam bezahlen. Ihr denkt, ich mache Witze? Dem ist ganz und gar nicht so. Der Begriff ist jetzt zum Streitfall geworden. Und genau deshalb müssen wir uns einen anderen Begriff dafür ausdenken. Aber welcher wäre das wohl? „Online-Kurs“ wäre wohl naheliegend. Aber das „Webinar“ ist nun einmal ein lange eingeführtes Wort. Also schauen wir mal, wie wir damit umgehen.

Was zum Teufel ist eigentlich ein Webinar?

So gut wie jeder dürfte das Wort „Webinar“ schon gehört haben. Fragen wir uns deshalb also mal, was das Wort eigentlich bedeutet. Es ist eigentlich eine Art Kofferwort, das aus den Begriffen „Web“ und „Seminar“ besteht. Es handelt sich also schlicht und ergreifend um eine Lernveranstaltung im World Wide Web, auch als Internet bezeichnet. Ein Webinar kann dabei so einiges sein. Es geht dabei wohl hauptsächlich darum, dass es sich um ein „virtuelles Klassenzimmer“ handelt.

Marketingveranstaltungen, Vorträge, Besprechungen, Kurse: All das kann als Webinar veranstaltet werden. Ich habe immer wieder von der Schule der Zukunft erzählt. Und genau hier passt der Begriff wunderbar hinein. Als Software sind Produkte von Citrix, Adobe oder WebEx bekannt, aber grundsätzlich funktioniert das Ganze auch mit Microsoft Teams oder Zoom. Also all das, was Konferenzen im Internet betrifft, kann als so etwas bezeichnet werden. Und der Begriff ist vollständig im allgemeinen Sprachgebrauch angekommen.

Was bitte hat das mit Mark Keller zu tun?

Kennt irgendwer Mark Keller? Nein, ich meine nicht den deutschen Schauspieler. In den letzten Tagen jedenfalls machen Nachrichten die Runde, die alle Welt, die derzeit froh über das Arbeiten von Zuhause aus ist, erschüttern dürften. Ein Mark Keller lässt wohl Abmahnungen verschicken. Aber wieso? Es geht darum, dass das Wort „Webinar“ eine geschützte Marke sei. Der Inhaber der Marke ist ein gewisser Mark Keller aus Kuala Lumpur. Und in Deutschland lässt er wohl durch die Kanzlei Legispro abmahnen.

Wahr ist, dass das Wort tatsächlich als Wortmarke registriert ist. Wie ihr an dem Link erkennt, wurde die Wortmarke 2003 registriert. Und diese Registrierung wurde 2013 verlängert. Das hat also nichts mit der derzeitigen Situation zu tun. Aber es verwundert schon, warum das Wort gerade jetzt so in den Meldungen auftritt. Man könnte nun denken, dass die Situation, wie sie derzeit weltweit herrscht, ausgenutzt werden würde. Aber sorry, dafür fehlt mir die Fantasie, obwohl es naheliegt.

Dadurch, dass das Wort „Webinar“ als vielleicht ursprünglich originelle Wortschöpfung mittlerweile den Weg in den normalen Sprachgebrauch gefunden hat, wird wohl in Sachen Abmahnung gar nichts passieren. Denn bis vor – sagen wir mal – 2, vielleicht 3 Jahren war der Begriff uninteressant. Und eben jener Mark Keller war schlicht und ergreifend untätig. Laut Rechtsanwalt Dr. Maximilian Greger könnte genau das dafür sorgen, dass die Wortmarke aus dem Register gelöscht wird.

Seltsame Wortmarken? Da war doch mal was…

Bei einer Wortmarke ist es so, dass irgendwas auf die Marke hinweisen muss. So gibt es zwar die Marke „Apple“. Damit sind aber die Produkte von Apple, Inc. gemeint, die noch dazu mit dem angebissenen Apfel gekennzeichnet sind. Nicht aber die Frucht, die an den Bäumen der Welt hängt. Das sieht die Wikipedia übrigens auch so: Ich kann zwar das Wort „Google“ verwenden. Aber wenn ich die farblich abwechselnden Buchstaben verwende, benutze ich die Wortmarke. Und das muss nicht erlaubt sein.

Naja, und irgendwann kam mal jemand auf die Idee, sich den Begriff „Blogsphäre“ schützen zu lassen. Also der Begriff, der die Welt der Blogger bezeichnet. Es ist über 20 Jahre her, dass der Begriff mehr so scherzhaft entstanden ist. Dennoch gab es Probleme. Jemand kam auf die Idee, Abmahnungen wegen der Verwendung des Begriffs zu verschicken. Damals mit der Blogosphäre war es ungefähr genau so wie heutzutage mit dem Webinar. So einfach dürfte das gar nicht sein.

Aber irgendwie erinnert man sich immer wieder an solche Vorkommnisse. Dass nun mit dem Begriff „Webinar“ hausieren gegangen wird, lässt diverse Vermutungen hochkochen. Ich werde mich nicht an solchen Spekulationen beteiligen. Was die Anwaltskanzlei dazu sagt, kann ich übrigens nicht nachvollziehen, da deren Webseite derzeit wegen Wartungsarbeiten zum Zeitpunkt der Artikelveröffentlichung abgeschaltet ist. Alles sehr merkwürdig. Deshalb werde ich trotzdem wieder an einem Webinar teilnehmen, wenn sich eines bietet.

2 Replies to “Wegen Abmahnungen: Nennt es bloß nicht „Webinar“!”

  1. Natürlich kann man sich jeden Begriff schützen lassen, aber irgendwann ist der Punkt gekommen, wo alles ziemlich nach „Abhmanfalle“ riecht.

    Merkwürdig finde ich die Argumentation des Herrn Keller und dieser Kanzlei. Dann dürfte man den Begriff ja gar nicht mehr verwenden im normalen Alltagsgebrauch. Das ist irgendwie absurd. Wie Du schriebst, kann ich ja auch Google schreiben, ohne abgemahnt zu werden. Ist zwar nicht das Gleiche, aber ähnlich. Es geht wohl eher darum, dass man den Begriff Webinar nicht für seine Dienstleistungen vereinnahmen und sie nicht so nennen darf. Aber alles ziemlich spitzfindig und für einen Laien schwierig. Wer schaut denn zuerst im Markenregister nach, um herauszufinden, ob ein bestimmter Begriff verwendet werden darf?

    Ich meine, ich könnte ja auch Network-Marketing auf meiner Website anbieten. Oder Cloud-Solutions. Woher weiß ich denn, ob diese Begriffe nicht geschützt sind?

    Es ist ein ziemlich nebulöses Feld, um das es geht, und das nutzen gewisse Kreise aus, um sich zu bereichern. In meinen Augen dienen solche Aktionen nur dazu, Geld zu generieren.

    P.S.: Diesen Kommentar habe ich auf meinem Smartphone mittels Swype in 5 Minuten geschrieben – das Thema hatten wir ja letztens ;-)

    1. Hallo Martin,

      dafür, dass du auf dem Smartphone kommentiert hast, ist der Kommentar ja doch ziemlich umfangreich geworden. Ich weiß ja, wie ich mich anstelle.

      Ich glaube, diese Abmahnerei hat mit dieser Nummer eine neue Stilblüte fabriziert. Aber durchsetzbar ist das deshalb trotzdem nicht. Na klar, irgendwer will ja mit so einem Vorgehen etwas verdienen. Vor allem vor dem Hinblick, dass eben niemand alles wissen kann.

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