Elektronische Musik und die Lautstärke

Ich mache ja nun elektronische Musik. Ja, dieses langweilige Geklimpere, ihr wisst schon. Aber da musst du eben auch genau wissen, was du da eigentlich machst. Ich habe ja sonstwas gedacht, wie ich so am besten meine Lieder zusammen baue. Aber irgendwie denkt man sich immer, dass das doch besser gehen muss. Jedenfalls bin ich neulich mal auf den Zünder gekommen, mit der Lautstärke herum zu fummeln. Und glaubt es mir oder halt nicht, aber ich habe da so eine Erkenntnis gewonnen, über die ich mal was aufschreiben muss.

Elektronische Musik ist doch nur lauter Lärm

„Mach mal lauter“ – So heißt das doch in irgendeinem Techno-Stück. Die meisten dieser Lieder sind ja eher so Quark, den man in der Sekunde vergessen hat, in der Lied vorbei ist. Aber dann gibt es auch ganz großartige Stücke darunter. Die sind dann aber eher nicht mehr so sehr Techno, sondern – naja, wie nennt man das – „Electronic Dance Music“ oder von mir aus auch „Electronica“ oder eben auch „Future Pop“ und wie das Alles heißt.

Ihr merkt schon: Elektronische Musik, die noch dazu tanzbar ist, ist breit gefächert, wie man es sich vielleicht gar nicht so vorstellt. Und da bin ich noch gar nicht bei New Wave oder Ambient der Berliner Schule oder sonstwas. Jedenfalls denken sich so viele Leute, dass elektronische Musik so ein technologisches Einerlei ist, das nicht der Rede wert ist. Gut, dann seht das von mir aus so. Aber du brauchst eben auch dafür ein ziemliches Geschick, sonst wird das ja nichts.

Jedenfalls ist das nicht alles nur laut. Dem Irrtum bin ich lange Zeit aufgesessen. Und es kann sein, dass ich da dem einen oder anderen, der selbst elektronische Musik macht, da nix neues erzähle. Für mich war das aber eine Erkenntnis, die ich so nicht für möglich gehalten habe. Und diese lautet: „Mach mal leiser“. Ja, da guckt ihr, oder? Und das muss ich euch mal eben erzählen. Denn ich habe da im Vergleich zu anderen Stücken von mir etwas besseres hinbekommen.

Die magischen 12

Wenn du eine DAW benutzt und darin deine Lieder programmierst oder einspielst, ist alles erstmal Standard. Das macht ja nichts für den reinen Prozess des Einspielens. Denn da willst du ja nichts von irgendwelchen Effekten wissen, weil die unter Umständen das Ergebnis verfälschen. Bist du dann irgendwann fertig damit, willst du das Ganze natürlich auch mit Effekten ausstatten und dann quasi fertig produzieren. Und da habe ich endlich mal auf jemanden gehört, der es wissen muss.

Ich folge Will Darling, ein recht erfolgreicher Produzent von Electronic Dance Music. Und der kam irgendwann irgendwann mal um die Ecke und palaverte etwas daher von „minus 12 db gain“. Ich dachte ja immer: Ey, das muss alles knallen. Aber da lag ich sowas von falsch. Du musst dem Sound schon Luft zum Atmen geben. Und wenn immer alles volle Pulle ist, erdrückst du alles mögliche. Und das habe ich dann doch irgendwann beherzigt.

Er hatte dann noch etwas davon erzählt, dass man gezielt „Attack“ und „Release“ verwenden soll. Beim ersten fängt der jeweilige Ton eine Kleinigkeit später an, hört aber bei letzterem ein Mü später auf. Das Alles gut austariert, macht dann eins: Einen fetten Sound. So muss man nicht jedes Instrument immer lauter machen und damit alles unter Bergen von Lärm begraben. Ich dachte erst, es sei pures Gelaber. Aber das scheint dann doch zu stimmen.

Es war einmal ein G-Moll

Stellt euch mal vor, wie das so bei mir abgeht, wenn ich mich mit dem BandLab beschäftige. Meistens ist es so, dass ich mehr so nebenher mit meinem Keyboard herum fummle. Und so hatte ich ein Folge von Akkorden: G-Moll – F-Dur – Eb-Dur. Nichts weltbewegendes. Die Akkorde hatte ich ziemlich auseinander gezogen und zum Teil suspended. So kam dann eins zum anderen. Aber angefangen hatte es mit dieser doch eher schwermütigen Akkordfolge.

Es sponn sich so langsam dann das ganze Stück zusammen. Und irgendwie hatte ich keinen Titel dafür. So, wie sich das Alles aufgebaut hatte, hatte ich irgendwie das Gefühl, dass etwas neues beginnt. Eine Art „Hochfahren“, ein „Ramp up“. Und ich dachte, dass da noch irgendein bedeutungsschwangeres Sprach-Sample sein müsste. Beim BandLab gab es dann ein verfremdetes Zitat aus dem Mätthäus-Evangelium: „Bittet, und euch wird gegeben. Suchet, so wird es sich euch zeigen.“

Und dann habe ich auf Will Darling gehört. Nicht eins der verwendeten Instrumente ist am oberen Ende seiner Lautstärke. Ich habe mit „Gain“ herum gespielt, also dem Maximalwert, den ein Signal der gleichen Quelle erreichen kann. Und ich habe mit Effekten gespielt und einfach mal zugehört, was andere so erzählen. Herausgekommen ist dann das, wonach es sich oben angefühlt hatte: Ein „Ramp up“. In der Industrie ist das die Produktionssteigerung.

Ich glaube, dieses Gain Staging, von dem Will Darling erzählt hat, führt tatsächlich zu wesentlich besseren Ergebnissen. Man muss sich halt damit beschäftigen. Und wenn die Komposition Mist ist, ist der Mix dann auch Mist. Auch wenn es elektronische Musik ist, ist eine gewisse Ahnung zu Musiktheorie sicherlich nichts schlechtes. Leute, das hatte Spaß gemacht, das „Ramp up“ zu bauen. Sagt mir mal, was ihr davon haltet:

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