Artikel 13: Laut GEMA gibt es keinen Uploadfilter

Es wird eine neue Urheberrechtsdirektive in Europa geben. Das Urheberrecht muss neu verhandelt werden. Aber gerade Artikel 13 ist dabei ein echter Zankapfel. Wenn man sich so im Internet umschaut, kommt man auf allerlei merkwürdige Auswüchse. Und jeder hat eine andere Ansicht und kämpft um die Deutungshoheit. Jetzt kam auch die GEMA daher und musste sich äußern. Aber wie sie das tat.

Ist das Urheberrecht wirklich von Interesse?

In meinen Augen ist es nicht verhandelbar, dass Urheber Rechte haben, die verteidigt werden müssen. Ich bin mit meinen Texten auch Urheber. Andere sind mit Grafiken, Skulpturen, Musik, Prosa, Programmen usw. auch Urheber. Sie alle haben Werke geschaffen. Und jedes Schaffen muss anerkannt werden und hat seinen Wert. Das steht für mich außer Frage.

Für mich steht es ebenfalls außer Frage, dass die Verletzung meiner Rechte verfolgt werden muss. Aber es ist in höchstem Maße diskussionswürdig, wie das erfolgt. Ich habe es des Öfteren anklingen lassen, dass sich Medien auch an meinem kleinen, popeligen Blog schamlos bedienen. Sie machen das so, dass sie Inhalte entnehmen und mich als Quelle nicht mal benennen.

Das ist eine Urheberrechtsverletzung. Meine Texte stehen unter einer Lizenz. Man darf sie remixen, als Grundlage neuer Werke hernehmen etc. Das Alles unter den gleichen Lizenzbedingungen, wie ich sie erteile. Außerdem muss eine Quellenangabe erfolgen und eine Angabe, welche Änderungen vorgenommen wurden, vorhanden sein.

Bloggen ist Arbeit, das habe ich auch oftmals geschrieben. Man recherchiert Themen, macht sich Gedanken, schreibt diese auf, formuliert sie aus, korrigiert, prüft auf Stichhaltigkeit etc. Die meisten Blogger machen dies neben ihrer eigentlichen Arbeit. Damit werden Werte geschaffen. Und diese Werte sind zur Nutzung da, wenn man sich an die Spielregeln hält.

Wertschöpfung unterbrochen

Wenn ich also davon erzähle, dass auch Blogger Werte schaffen, dann meine ich das ernst. Immernoch werden Blogger als Freaks bezeichnet. Die Medien gehen immernoch davon aus, wenn sie Inhalte bei Bloggern klauen (nichts anderes ist das), dann reicht als Quellenangabe „Quelle: Internet“. Wie die Quellen zu ihren Werten gekommen sind, wird dann damit nicht klar.

Am Ende wird damit die Wertschöpfung unterbrochen. Ich meine damit ja nicht nur die armen Blogger, sondern alle Urheber. Und Artikel 13 der verhandelten Urheberrechtsdirektive macht es nicht besser. Im Gegenteil. Dieser jämmerlich formulierte Artikel 13 sorgt dafür, dass die Wertschöpfung noch viel mehr unterbrochen ist. Sie ist defekt.

Wenn von fröhlichen Achtziger-Jahre-Partys berichtet wird, ist es ein Hohn, als Untermalung „Enola Gay“ von OMD zu spielen, war es doch das Flugzeug, das die Bombe nach Hiroshima brachte. Da werden Inhalte einfach mal aus dem Zusammenhang gerissen und ohne Quelle dargestellt. Ein Atombombenabwurf passt nicht zur Partylaune. So wie mancher geklauter Satz nicht zum Gemeinten passt.

Und so wird eben in Zukunft alles unterbunden. Nein, es ist in dem Artikel 13 nicht die Rede davon, dass Uploadfilter eingeführt werden müssen. Aber nach allem, was ich an Texten und Videos zur Urheberrechtsdirektive mitbekommen habe, geht die Umsetzung von Artikel 13 gar nicht ohne diese technischen Hilfsmittel. Und dann kommt die GEMA um die Ecke.

Die GEMA und der Artikel 13

Die GEMA verfing sich auf Twitter in einer Diskussion. Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte plapperte auf Twitter einfach mal über den Artikel 13 und wurde einfach mal zum Trocknen an die frische Luft gehangen. Die kam nämlich mit folgendem Bild daher:

Und genau das ist der Populismus, der uns genau in diese Situation mit diesem jämmerlichen Artikel 13 gebracht hat. Der Künstler auf der rechten Seite klagt, dass er für seine Arbeit nicht bezahlt wird. Man könnte jetzt behaupten, dass die GEMA zu wenig ausschüttet und der Künstler deshalb schimpft. Aber so weit wollen wir mal nicht gehen.

Die GEMA argumentiert ernsthaft, dass Parodien, Rezensionen und Karikaturen gerade mit Artikel 13 möglich seien und eine Künstliche Intelligenz schlau genug wäre, Karikatur von Urheberrechtsverletzung zu unterscheiden. Wie soll das denn gehen? Ich behaupte von mir, mich ein klein wenig auszukennen. Aber ich würde niemals auf so eine verwegene Idee kommen.

Denn das, was Artikel 13 verlangt, ist das schablonenhafte Vergleichen von Objekten. Gerade Satire, Parodien etc. gehen ja darüber hinaus. Eine Künstliche Intelligenz kann keine Ironie verstehen. Das setzt Kreativität voraus, die eine solche Technologie nicht beinhaltet. Und wenn, wäre Deep Learning vermutlich geeigneter.

Wir sind hier nicht bei Commander Data vom Raumschiff Enterprise. Der würde vermutlich einen Turing-Test bestehen. Dabei werden Fragen gestellt. Kann der Fragesteller nicht eindeutig einschätzen, ob der Antwortende eine Maschine ist oder nicht, hat die Maschine den Test gewonnen, und die Künstliche Intelligenz wäre ein dem Menschen ebenbürtiges Denken.

Das ist das Problem der Urheberrechtsdirektive

Das Ganze zeigt eigentlich sehr schön, was das eigentliche Problem der Urheberrechtsdirektive ist. Es ist nicht so, dass die Rechte von Urhebern generell nichts zählen. Ich weiß, dass im Großen und Ganzen das Urheberrecht schon geachtet wird. Das Problem ist, dass hier Menschen an einer Regelung herum geschustert haben, die nichts mit Internet und Technologie und Entwicklung am Hut haben.

Es ist auch jetzt, nach so vielen Zeilen in diesem Artikel, nach wie vor so, dass ich die Rechte von Urhebern für nicht verhandelbar erachte. Wenn YouTuber ihre Videos mit Musik untermalen, müssen sie die entsprechenden Rechte dafür haben. Wenn ich ein Bild in einen Blogartikel einbaue, muss ich das dürfen. Und auch Medien müssen sich an Urheberrechte halten.

Hätten politische Entscheider auf europäischer Ebene und Rechteinhaber (die nicht gleich die Urheber sein müssen) mal auf Experten gehört, wäre vielleicht etwas anderes zustande gekommen als so ein inakzeptables Machwerk wie dieser ominöse Artikel 13. Es ist einfach schlimm, was da verwurstet wurde.

Die Menschen, die hier irgendwas entschieden haben, wissen offenbar nicht, dass das Internet darauf beruht, dass Inhalte geteilt und geremixt werden. Die treibenden Kräfte der vermurksten Reform haben einfach nicht verstanden, dass so das Internet eben nicht funktioniert. Das mag für manche nicht so tragisch sein. Aber es ist essentiell für den Austausch, für die Diskussion und die Meinungsfreiheit.

Möglicher positiver Nebeneffekt der Urheberrechtsdirektive?

Ja, wir wollen mal nicht alles schwarz malen. Es muss ja auch etwas gutes geben. Wenn es tatsächlich dazu kommt, dass das Leistungsschutzrecht für Presseverlage (Artikel 11) und der Uploadfilter (Artikel 13) kommen, dann könnte es auch einen ganz netten Nebeneffekt dazu geben. Denn die Urheberrechtsdirektive könnte Kosten und Aufwand für die großen Plattformen bedeuten.

Und vielleicht verschwinden YouTube und Co.? Wenn wir das mal so weiterdenken, könnte es bedeuten, dass wieder mehr kleine, feine Webseiten entstehen. Bevor jemand seinen eigenen Kram bei YouTube hochlädt, was dann von irgendeinem großen Rechteinhaber auch noch fälschlicherweise beansprucht wird, macht man lieber seine eigene Webseite und lädt es dort hoch.

Bei den günstigen Webhosting-Tarifen wie zum Beispiel bei meinem Webhoster (Partnerlink) ist das gar nicht so ein kostspieliges Unterfangen. Damit könnte es gar dazu kommen, dass die Vielfalt wieder steigt. Denn der Medienmarkt wird eben nur noch durch einige wenige, große Player bestimmt. Insofern könnte vielleicht Artikel 13 dafür sorgen, dass Kreative um Plattformen einen Bogen machen. Warum auch nicht?

Quellen zum Nachlesen

Ja, es gibt jede Menge Informationsmaterial zur Urheberrechtsdirektive. So schreibt Rechtsanwalt Thomas Stadler darüber, dass Uploadfilter gar nicht das Ende der Fahnenstange sind. Auch Rechtsanwalt Christian Solmecke äußert sich dazu, was Artikel 13 nun bedeutet. Und so gibt es etliche Einlassungen zu dem Thema.

Allerdings nicht so sehr von den Medien. Ich habe in den vergangenen Tagen nichts konkretes zum Artikel 13 von ARD und ZDF vernommen. Vielleicht ist das nur an mir vorbei geflutscht. Dann muss es aber so ein Larifari gewesen sein, das man gleich wieder vergisst. Artikel 13 ist nicht zu unterschätzen. Deshalb ist es sinnvoll, sich dazu umfangreich zu informieren. So auch bei Julia Reda aus dem europäischen Parlament.

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