Bloggen ist etwas wertvolles?

Ist Bloggen etwas wertvolles? Laut Wikipedia ist das nicht der Fall, weil es sich „nur“ um ein Tagebuch oder ein Journal handelt. Ist dies aber wirklich so? Kann man einen Blog wirklich so kurz umschreiben?

Ich schreibe gern. Manchmal auch viel. Oft sehr emotional. Hier und da schieße ich über das Ziel hinaus. Andernorts treffe ich genau ins Schwarze. So ist das nun mal. Und genau so funktionieren Blogs.

Ein Blog als Gesamtheit ist ein Werk. Mancher Blog ist gar ein Kunstwerk. Ein Blog spiegelt auf jeden Fall immer eine völlig subjektive Meinung wider. Und er setzt sich mit einem Thema immer aus Sicht des Autors auseinander. Schon deshalb kann er nicht objektiv sein. Aber er kann informativ sein.

Die ganzen Meuten von Bloggern auf der Welt, die so genannte Blogosphäre, funktionieren wie ein Lauffeuer. Wie eine Art Stille Post. Durch gegenseitige Verlinkungen werden eben relativ rasch Nachrichten aus einem Blog in die weite Welt hinausgetragen. Aber nicht nur Informationen, sondern auch Bilder. Beides hatte zum Beispiel wunderbar beim so genannten Arabischen Frühling, in dessen Konsequenz Hosni Mubarak in Ägypten und später Muammar al-Gaddafi in Libyen gejagt wurden, oder bei anderen Gegebenheiten funktioniert.

Und ich denke, das ist die Gefahr, die von den Qualitätsmedien gesehen wird: Ein Journalist ist ein Journalist. Und er ist eben Journalist. Meistens muss er eine Art Auftragsarbeit abliefern, darf sich also nicht mit eigenen Worten dazu äußern. Ein Blogger schert sich darum nicht. Er verkündet seine Meinung und steht zu dieser. Und da er seine Meinung meist auch noch vertritt, ist er auch noch streitbar. Das ist menschlich. Und das ist auch gut so.

Ein Journalist hingegen muss halt so funktionieren wie eine Maschine. Das hat den Vorteil, dass er weniger angreifbar als ein Blogger ist. Aber in Diskussionen rund um einen Artikel ist meist der Journalist nicht mehr zugegen. Ein Blogger schon. Und das ist meist sympatisch.

Meist vertritt man eine bestimmte Haltung mit seinem Blog. Eine politische Meinung also. Das ist vorteilhaft in totalitären Systemen. Lizenzierte Medien in China oder Nordkorea oder Iran – was wirklich dort passiert, wird meistens dann über Blogs und eben diese Verlinkungen, die ich oben nannte, und Pings weitergetragen. Ein Ping in der Blogosphäre ist das „Hör mal, ich hab da was neues“, also das „Ich weiß was“. Und richtig vernetzt über Ping-Netzwerke kann so eine Nachricht, ein Blogartikel durchaus eine gewaltige Reichweite erzielen.

Damit haben ja Blogger auch Macht. Ein Blog ist natürlich nie so etwas, was die deutschen Qualitätsmedien darstellen, die mit ihren Fachsimpeleien das ganze politische System ins Wanken bringen können. Aber ein ganzes Blognetzwerk, das organisiert ist, kann eine außerparlamentarische Stimmung erzeugen, die dann mit der Occupy-Bewegung oder den ACTA-Protesten auch multimedial Beachtung findet und in der Bevölkerung zu einer differenzierten Betrachtungsweise führen kann.

Alles in allem kann man durchaus behaupten, dass ein Blog zur Kultur dazugehört. Ob ich das nun bin, der relativ offen das System des Mediendesasters und der falschen politischen Grundsätze kritisiert, oder ob das andere sind, die anmerken, dass Hacker nicht immer Verbrecher sind oder dass es lohnenswert ist, die Umwelt zu schützen. Es gibt viele Leute, die bei einem Blog immernoch das unwirsche Daherschreiben sehen, das ohne Sinn und Verstand in die Welt gepustet wird. Und viele kritisieren die fehlende Professionalität vieler Blogs. Doch das muss auch so sein. Viele Blogs würden gar nicht funktionieren, wenn sie auf Hochglanz gebürstet wären oder gerade bei brisanten Themen ohne Schaum vor dem Mund verfasst worden wären.

Daher ist es so: Natürlich ist ein Blog etwas wertvolles. Ein Blog ist ein Werk. Jeder Artikel wird im besonderen Stil des jeweiligen Autors verfasst, er ist darum eigenständig. Einen Blog gibt es in der Zusammenstellung gleicher Aufbau PLUS gleiches Themengebiet PLUS gleiche Wortwahl nicht zweimal, er ist daher einzigartig. Und ein Blog ist authentisch. Daher werden Blogs auch immer mal wieder als Bürgernachrichten bezeichnet.

Kommt nun ein Leistungsschutzrecht, dann wird kein Blogger in Deutschland mehr auf ein einziges Nachrichtenmedium verweisen. Das ist auch meist nicht notwendig, denn Blogger beziehen oft ihre Informationen woanders her, wie aus den vielen Quellennachweisen ersichtlich ist. Sollte also Herr Döpfner als Chef des Springer-Verlags die gefühlte Konkurrenz durch Blogs durch das Leistungsschutzgesetz eindämmen oder gar zerstören wollen, wird ihm das nicht gelingen. Blogs werden durch solche Lobby-Verordnungen ganz sicher nicht klein gekriegt.

Das Einzige, woran ein Blog scheitern kann, ist die Finanzierung. Auch ein Blog auf Basis von WordPress kostet Geld. Da sind einerseits die Kosten für den Server oder das Webhosting-Paket. Da sind andererseits Kosten in Form von privatem Stromverbrauch. Und hin und wieder muss auch etwas für den Blog bezahlt werden, sei es urheberrechtlich geschütztes Material, was der Urheber partout nicht kostenfrei zur Verfügung stellen möchte (was ja sein gutes Recht ist), oder sei es eine Abmahnung für einen Grund XYZ. Gründe gibt es ja viele.

Um die Finanzierung sicherzustellen, muss der Blogger inzwischen kreativ sein. Wo früher etliche Werbebanner auf Blogs prangten, hat sich das Bild deutlich gewandelt. Man spricht heutzutage mal eine Empfehlung für irgendetwas aus oder kooperiert mit Sponsoren.

Das macht einen Blog unglaubwürdig? Ganz im Gegenteil. Nur wenn ein Blog sauber finanziert ist, muss man sich darüber keine Gedanken machen und muss für niemanden Klimmzüge machen. Man muss nicht reich werden wollen, wenn man einen Blog betreibt. Aber wenn die Rechung für den Blog finanziell aufgeht, also alle Kosten bezahlt sind, dann kann der Leser weiterhin spannende Geschichten erleben.

Und wenn wir ehrlich sind, läuft es bei den Medien nicht anders. Diverse Nachrichtenportale, die ich bewusst nicht nennen werde, stricken gar wildeste Nachrichten um Werbeblöcke herum. Ich erinnere nur an die Dreistigkeit der Bettina Wulff, für einen Ball ein gestelltes Kleid angehabt zu haben. Das wurde von den Qualitätsmedien zum Erbrechen ausgekaut, bis es niemand mehr hören oder lesen mochte. Dabei ist es für den Ausstatter die beste Werbefläche, wenn die First Lady im Fummel des eigenen Hauses umherläuft. In anderen Ländern funktioniert so etwas prächtig.

Aber halten wir uns nicht am leidigen Politklamauk des vergangenen Winters auf. Denn ein Blogger wird sich nicht für Werbung derartige Artikel aus dem Finger saugen. Die Gefahr, unglaubwürdig zu wirken, ist viel zu groß. Und das möchte ein Blogger nicht riskieren.

Denken Sie nach diesem Artikel auch noch im Wikipedia-Verständnis, dass ein Blog nur ein Tagebuch oder ein Journal ist? Oder behaupten Sie auch, dass ein Blog ein wertvolles Werk in unserer Kultur ist? Diese Diskussion sollte jegliche Debatte zu ACTA, PIPA, SOPA und zum Leistungsschutzrecht und zu Fragen des Urheberrechts dominieren. Denn Blogs sind schon lange nicht mehr nur irgendwas. Blogs sind Werke. Und die lassen sich nicht verbiegen, auch wenn es manche Leute gern so hätten.

Darum lasst uns die Blogs erhalten. Ihr werdet es uns danken.

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