#hevelingfacts: Der private Krieg im Internet des Ansgar Heveling

Ansgar wer? Bis vor ein paar Tagen kannte Herrn Heveling außerhalb seines Dunstkreises wohl kaum jemand. Jetzt ist er durch ein paar markige Aussagen mal so richtig bekannt geworden. Ob beliebt, mag ich mal bezweifeln.

Hinweis: In diesem Artikel finden Sie Zitate. Die Herkunft dieser ist am Ende des Artikels nachgewiesen. Sie wurden aufgrund der Thematik zur besseren Verdeutlichung des Artikels eingefügt.

Er hat sich doch tatsächlich im Handelsblatt publiziert und geschrieben, dass die Netzgemeinde den Kampf verlieren wird. Au weia, er kommt daher und bringt das Tolkien-Werk „Herr der Ringe“ an und münzt es auf die digitale Gesellschaft um. Er meint tatsächlich, dass jetzt die Zeit gekommen sei, einen Nachruf auf „die Helden der Bits und Bytes“ zu verfassen. Und er verkündet, dass das Web 2.0 bald Geschichte sei.

Hier muss ich erst einmal einhaken: Vor ein paar Tagen schrieb ich eine kleine Geschichte, die auch über das Ende von Web 2.0 philosophiert. Aber eben nur, weil das Internet kaputt reglementiert wird. Herr Heveling, der treue Ritter längst vergangener Zeiten, verfolgt allerdings einen anderen Ansatz, wie wir sehen werden.

Herr Heveling beschreibt Web 2.0 als destruktiv. Laut Wikipedia meint er damit, dass Web 2.0 zerstörerisch ist. Dass es alles niederreißt und kaputt macht. Und er beschreibt Web 2.0 als „imaginäres Lebensgefühl einer verlorenen Generation“. Er beschreibt weiter die Nutzer von Web 2.0 (also jeden, der sich irgendwie im Internet produziert, z.B. über Facebook, Twitter und Co. oder über eine eigene Webseite) als digitale Horde, und er ruft den „Bürger“ dazu auf, die bürgerliche Gesellschaft auch im Internet zu verteidigen.

Das ist schon starker Tobak. Nicht nur, dass er jeden Internet-Benutzer, der irgendwo registriert ist oder einen Blog betreibt, an den Pranger stellt. Nicht nur, dass er die Internet-Gemeinde als Horde klassifiziert, was einer wild umherziehenden Bande gleichkommt. Nein, er möchte, dass die Welt sich vom Internet abstöpselt und sich wegen der Bürgerlichkeit ein bis zwei Jahrhunderte in die Vergangenheit zurück katapultiert. Dazu sollen dann an eventuellen Einfallstoren Wachen aufgestellt werden, damit die neu zurück gewonnene Bürgerlichkeit nicht wieder vom bösen Internet infiltriert wird.

Er führt dann – man glaubt es nicht, wenn man es nicht liest – die gesamte Französische Revolution mit in seine Schlacht gegen die wilde Horde. Und mit dieser Revolution – so sein Argument – wurde wohl die Idee des geistigen Eigentums geschaffen. Und dann kommt der Aufruf, den damaligen Standpunkt, der vor über 320 Jahren gut und richtig war, auch heute noch zu verteidigen:

Endlich konnte man – unabhängig von Herkunft und Status – mit seines Geistes Schöpfung wirtschaftlich etwas anfangen. Diese Idee des geistigen Eigentums sollte sich als Motor für Innovation und Entwicklung auf dem europäischen Kontinent erweisen. Eine Idee, deren Bewahrung auch im digitalen Zeitalter lohnt.

Juhu, er hat es verstanden, denkt man sich. Geistiges Eigentum sollte auch heute gewahrt bleiben. Dieses Zitat stammt aus dem ersten Teil seines Gastkommentars im Handelsblatt. Wir blättern also um auf Seite 2, die in der Überschrift suggeriert, dass im Internet nur Kriminelle unterwegs sind.

Auf Seite 2 ledert er los, dass die Idee des geistigen Eigentums in Gefahr sei. Er poltert drauflos, dass ein Nutzer vom so genannten Web 2.0, also seine wildgewordene Horde, einen „digitalen Totalitarismus“ wollen. Oh, und dann kommt er mit folgendem Satz, den ich gern als Zitat einfüge:

Es ist eine unheilige Allianz aus diesen „digitalen Maoisten“ und kapitalstarken Monopolisten, die hier am Werk ist.

Das ist die neue Achse des Bösen, wie es der Herr Heveling meint. Und er treibt es noch weiter. Er schreibt tatsächlich, dass die Googles und Wikipedias dieser Welt (lieber Herr Heveling, wenn es mehrere Googles und mehrere Wikipedias gäbe, würden sich unzählige Anwälte bei Gericht die Augen auskratzen) am 18. Januar ihren starken Arm gezeigt haben. Und ihnen soll zugerufen werden, dass trotz eines solchen Protestes nicht das Ende des Wissens erreicht ist. Denn das Wissen liegt ja schließlich in den Köpfen der Menschen. Und er begeht einen schweren Fehler, indem er zur Urheberrechtsverletzung anstiftet:

Also, Bürger, geht auf die Barrikaden und zitiert Goethe, die Bibel oder auch Marx. Am besten aus einem gebundenen Buch!

Natürlich schreibt er noch weiteren Unsinn. Er beschreibt zum Beispiel, dass irgendwer den Menschen die Lebensplanung vorschreibt. Und er degradiert die Menschheit zur Masse Mensch. Und dann wird endlich klar, was der Mensch zumindest mir erzählen will: Sein zweiseitiger Gastkommentar ist eine bösartige Hetze gegen die Piraten, die der CDU so allmählich gefährlich werden.

Mit dem gesamten Machwerk hat Ansgar Heveling bewiesen, was ihm sein Fraktionskollege Michael Kretschmer schon attestierte: Heveling hat von Netzpolitik keine Ahnung. Durch den von ihm verzapften Unsinn kam es in der Folge zu Reaktionen:

  • Seine Webseite wurde angegriffen (Achtung, Ansgar, die Seite läuft unter Web 2.0)
  • Bei Twitter gibt es den Hashtag #hevelingfacts, um alles um den Mann damit zu verschlagworten
  • Er ist komplett unmöglich gemacht durch seinen verbalen Ausraster beim Handelsblatt
  • Da ja alle Ministerien irgendwie mit Web 2.0 zu tun haben, wird Herr Heveling niemals ein Ministerium leiten
  • In seiner eigenen Partei ist er isoliert, große Mengen von Statusinformationen aus der CDU bedeuten, dass man sich von Hevelings Aussage distanziere

Der Tagesspiegel hat sich mit der Causa Heveling auseinandergesetzt. Dass ein derart unwissender Politiker mit dem Thema Netzpolitik betraut wurde, ist mir indes völlig unklar. Aber eins ist klar, man kennt jetzt Ansgar-wer.

Der Blog Netzpolitik übrigens hat sich die unmittelbaren Folgen des Kommentars angeschaut. Der Autor schreibt von einer „Büttenrede“. Ich kann jedem empfehlen, unten dem Link zum Artikel zu folgen.

Wer noch weiter lesen möchte, dem bietet der Blog Opalkatze einen Einblick. Der Autor zeigt dem Herrn Heveling nicht nur seine Defizite in Sachen Internetwissen auf. Er korrigiert gleich mal seine Fehler. Denn wie der Autor so schön schreibt, ging es eben in der Französischen Revolution nicht darum, geistiges Eigentum zu bewahren und zu beschützen. Das Damokles-Schwert namens Eigentum wurde ja eben bekämpft.

Und so kann man schon sagen, dass Herr Heveling nicht nur keine Ahnung von Netzpolitik hat, sondern auch in der Schule im Fach Geschichte nicht aufgepasst hat. Vielleicht hat er zu der Zeit Tolkien gelesen?

Informationsquellen:

Einen Schreibfehler konnte ich eben korrigieren. Der Blog heißt natürlich Opalkatze. Entschuldigung, Vera.

3 Replies to “#hevelingfacts: Der private Krieg im Internet des Ansgar Heveling”

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