Kabinettstückchen, die – Und warum?

Das hat die Welt noch nicht gesehen, heißt es nun. Von einem Kabinettstückchen ist da die Rede, was Union und SPD da zusammengezaubert haben. Nicht wenige erzählen uns irgendwas von Wählertäuschung und von Betrug und all dem. Ach ja, und irgendwie gucken da Leute um die Ecke, die da behaupten, dass Rentner Flaschen sammeln müssten, weil Selenski Panzer aus Deutschland bekäme. Sagt mal, Leute, wo sind wir denn hier? Da es derer Aufreger derzeit mehrere gibt, müssen wir mal kurz reden.

Whatever it takes – „Die Grünen wurden betrogen“

Fritze Merz, den ich jetzt auch nicht so für die allerbeste Wahl für Deutschland sehe, hat das, was die Union mit der SPD zusammen verhandelt hat, mit dem legendären Mario-Draghi-Zitat „Whatever it takes“ begründet. Es geht um eine Gesamtsumme von knapp einer Billion Euro, mit der die Bundeswehr weiter zur Verteidigung ertüchtigt und die Ukraine unterstützt werden soll, aber mit der auch Infrastrukturprojekte und soziale Projekte realisiert werden sollen.

Es gab mal irgendeinen US-Finanzminister, der wegen der Lehman-Brothers-Pleite in einem Interview sagte: „Notfalls werfen wir das Geld aus dem Hubschrauber ab“. Und mir ist so, als ob genau das jetzt der Lehman-Moment der sondierenden künftigen Bundesregierung ist. Angeblich soll so etwas in der Art auch der frühere US-Notenbank-Chef Ben Bernanke gesagt haben. Aber ihr wisst, worauf ich hinauswill. Man kommt jetzt mit unvorstellbaren Geldsummen um die Ecke.

Und wieso jetzt Kabinettstückchen?

Zu einem Kabinettstückchen wurde das Ganze jetzt erst. Vor der letzten Bundestagswahl hat die Union betont, dass die Schuldenbremse nicht angetastet wird. Im Unterton klang es immer so: Bevor wir dort Hand anlegen, kürzen wir lieber bei den Sozialleistungen. Jetzt kommen die Kritiker des Plans daher und beschimpfen Union und SPD, sie hätten ja nur Theater gespielt und hauptschlich die Grünen weghaben wollen und all das. Und in dem Zusammenhang spricht man von Kabinettstückchen.

Aber was ist denn überhaupt mit dem Kabinett gemeint? Ein Hinterzimmer, die Regierung, ein Schrank, eine Ausstellung, ein Aktenschrank, ein Unterrichtsraum oder gar das Prädikatssiegel für Weine? Ich will das nicht ins Lächerliche ziehen. Ich finde halt nur: Erst waren die Versprechen in einer Zeit, in der man noch auf die USA hoffte. Dann war die Bundestagswahl, und am 28.02.2025 brach eine neue Zeit an, als der orangehaarige Präsident im Weißen Haus Selenski gefressen hatte.

Irgendwie wirkt das so, als ob die Kritiker da einen auf „Die wollen uns alle verarschen“ machen. Aber bekommen die keine Nachrichten mit? Europa – und damit auch Deutschland – ist auf sich allein gestellt. Was die eigene Verteidigung betrifft und was die Verteidigung der Ukraine betrifft. Wie sicher das ist, wurde ja erst nach der Bundestagswahl bekannt. Es ist meiner Meinung nach unredlich, da überrascht zu tun und von Kabinettstückchen zu reden.

Das gigantische Konjukturprogramm

In diesem Zusammenhang könnte ich mich auch über Jan van Aken aufregen. Der Linken-Politiker erdreistet sich doch ernsthaft, verarmte Rentner mit Panzern gleichzusetzen. Und da zeigt es sich leider mal wieder, dass die LINKE ein vollkommen weltfremder Laden ist. Die Welt hat in den letzten Tagen einen Satz gemacht, mit dem vor der Wahl nicht zu rechnen war. „Und das ist das verdammte Problem mit Ihrer Politik, und Sie verstehen es bis heute nicht“, wie Heidi Reichinnek sagen würde.

Ich bin kein Linken-Hasser, kein Soze und erst recht kein Freund der Union. Ich bin ein politisch heimatloser Liberaler. Mir wäre es am allerliebsten, wenn jeder Mensch die gleichen Chancen zur Entfaltung hätte und damit frei wäre. Mir liegen weltweit verhandelte und anerkannte Menschenrechte am Herzen. All das, wofür Gerhart Baum und Co. gestanden haben und was nicht die Lindner-Sekte ist. Und vor diesem Hintergrund muss ich sagen: Dieser gigantische Batzen Geld wird gottverdammtnochmal Zeit.

Ich war in den Neunzigern bei der Bundeswehr. Schon damals klappte nicht mehr viel. Wir haben immer gesagt: Wenn der Russe morgens an der Oder steht, ist er bis zum Mittagessen bis zum Rhein vorangekommen. Und es wurde ja nicht besser. Wir können uns nicht verteidigen. Es kommt dabei noch nichtmal auf Kriegsführung an, nur auf Verteidigung, die nicht möglich ist. Und das muss dringendst geändert werden. Damit bekommen Rheinmetall, ThyssenKrupp, Diehl etc. großen Aufwind.

Darüber hinaus das Infrastrukturpaket zur Reparatur und Sanierung von Straßen, Schienen, Schulen, Infrastruktur wie Strom- und Internettrassen et cetera peh peh. Es wurde ja jahrzehntelang nichts gemacht. Vielleicht hat man sich gedacht, man brauche das Alles nicht, weil man die Amerikaner habe. Aber das fällt halt allen auf die Füße, weil so lang schon darüber diskutiert wurde. Jetzt gibt es dieses gigantische Paket. Und was bitte ist daran schlecht?

Aber warum noch im alten Bundestag?

Es wird ja auch von Kabinettstückchen palavert, weil man diese Unsummen unbedingt noch mit der alten Zusammensetzung des Parlaments durchdrücken will. Dabei ist es doch so, dass mit der bisherigen Sitzverteilung zur Zustimmung die Stimmen von Union, SPD und Grünen ausreichen. Wartet man bis Ende März, wenn der neue Bundestag zusammenkommt, könnten AFD und LINKE Deutschland die Hände auf dem Rücken zusammenbinden und komplett handlungsunfähig machen.

Na klar, man hätte auch eher darauf kommen können, dass einmal so ein Mega-„Wumms“ notwendig werden würde. Einen Doppel-Wumms hatten wir ja mal. Dass man aber so überhaupt keine Zeit mehr hat, weil es dann eben bis zum Mittagessen dauern könnte, bis die Amerikaner im Donbass angekommen sind, das wurde wohl erst dieser Tage klar. Und die Ukraine gehört nun einmal gerettet, weil sonst halb Europa dran ist. Und ich glaube, deshalb machen die den ganzen Zinnober.

Nehmen wir mal an, das Ganze wird nicht beschlossen, wenn es AFD und den Linken so in den Kram passt. Der Kreml hätte leichtes Spiel, Europa anzugreifen. China und die USA hätten leichtes Spiel, Europa wirtschaftlich kaputt zu spielen. Und am Ende soll Europa – und damit Deutschland – das ganze Schlachtfeld bezahlen. Nein, man muss jetzt Gas geben. Und es muss getan werden, was getan werden muss. Whatever it takes.

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8 Gedanken zu „Kabinettstückchen, die – Und warum?“

  1. Ich dacht schon, nur mir wäre es aufgefallen, dass der Clown hinterm großen Teich ein Fass augemacht hat, was im Wahlkampf noch gar nicht Thema sein konnte. Das hat die Situation grundlegend verändert. Daher finde ich es sogar gut, dass nun schnell und entschlossen gehandelt wird. Dabei ist mir auch vollkommen egal, welche demokratische Partei das mach und was die vorher erzählt haben.

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  2. Also die Linke als realitätsfremden Laden zu bezeichnen, dass finde ich nicht richtig. Aber es gibt eben wirklich Leute, die davon überzeugt sind, dass Russland der Feind ist. Vergessen wird dabei, dass die Ukraine mit ihrem Beitragswunsch zur Nato den Krieg provoziert hat. Ich habe auch nichts dagegen, der Ukraine Geld zu geben, wenn dieses zum Beispiel für humanitäre Zwecke genutzt wird. Es sollte aber auf keinen Fall in Waffen landen, was aber leider der Fall sein und dadurch den Krieg nur verlängert.

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    • Julia, ich weiß nicht, woher das Märchen immer kommt, dass der Krieg fair vorbei sein würde, wenn man nur der Ukraine keine Waffen mehr geben würde. Fakt ist doch, dass die Ukraine binnen Tagen kaputt wäre. Putin ist derjenige, der keine Verhandlungen will. Niemand sonst.

      Es ist doch nicht die Ukraine, die keine Verhandlungen will. Und wer erzählt den Käse, dass das Alles wegen eines Beitrittswunsches zusammenhängt. Der ganze Krieg, der vermutlich schon 2004 mit der „orangen Revolution“ begann, ist doch überhaupt nur deshalb im Gange, weil Russland die Ukraine unterwerfen will, und zwar so, dass die Ukraine aufhört zu existieren. Das kann doch niemand gut finden, der noch bei Trost ist.

      Und – letzter Punkt – hast du mitbekommen, dass das ganze Geld auch für die EIGENE Verteidigung ausgegeben werden soll? Es geht eben nicht nur um die Ukraine.

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  3. Ich bin ja wirklich kein Fan vom neuen zukünftigen Kanzler, aber das was da gerade passiert ist das Richtigste was passieren kann. Ja der Herr Merz hat die Schuldenbremse hoch gehalten, aber jeder der zwei Augen im Kopf hat, musste wissen, dass das so nicht klappen kann und das neue Schulden gemacht werden müssen, egal wer regiert.
    Egal, wir haben nun zukünftig Schwarz Rot. Es muss was gemacht werden und eine Richtung vorgegeben werden. Denn Unsicherheit ist das größte Übel der Wirtschaft. Dass wir uns in einem Investitionsstau befinden, ist seit langem schon bekannt. Die Herausforderungen die vor uns liegen (Selbstverteidigung, Infrastruktur erneuern, Investitionen steigern, aber auch wieder den Blick aufs Klima lenken) benötigen Geld und wenn das die Regierung – die ich nicht wollte -locker macht, dann ist mir das auch recht.
    Übrigens können jetzt die Grünen doch noch ein klein bisschen mitreden bei der Richtung, denn ihre Stimmen werden benötigt.
    Ich bin froh, dass was passiert, denn unsere militärische Wehrlosigkeit macht mir gerade an meisten Sorgen.

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