Wie haben unsere lieben Medien frohlockt! Das Urteil gegen Youtube im Rechtsstreit gegen die GEMA hat zu absonderlichen Ausdünstungen des Medienmobs geführt. Die Qualitätsmedien des Axel-Springer-Verlags tanzen einen Veitstanz, aber irgendwie machen sie sich gerade lächerlich.
Achtung, liebe WELT ONLINE, hier kommt deine Überschrift zum genannten Urteil:
Schlappe für Youtube und alle Internetschnorrer
Die Welt, namentlich Ulrich Clauß, weiß zum Thema Youtube ganz genau Bescheid. Herr Clauß schreibt nämlich fachkundig, dass die Rechtssicherheit von Urhebern beim Schutz ihres geistigen Eigentums gestärkt wurde. Und wie Recht er doch hat, der Herr Clauß! Bravo, toll recherchiert!
Ich bringe einmal das Beispiel Orchestral Manoeuvres In The Dark. Für den Herrn Clauß: Das ist die Band OMD, jene mit den Welthits „Maid of Orleans“, „Pandora’s Box“ etc. Die hatte ihr letztes Album „History of Modern“ – Herr Clauß, das war 2010 – ziemlich unverblümt über Youtube, Facebook und Twitter beworben. Ich weiß das, denn ich bin ziemlich großer Fan der Band. Man konnte Demo-Versionen über diese Kanäle anhören, man konnte die offiziellen Videos anschauen, man konnte an Videokontests teilnehmen. Ein großer Teil dieses Materials ist nun – obwohl über den OMD-eigenen Youtube Channel hochgeladen – für deutsche Nutzer nicht mehr erreichbar. Kennt Herr Clauß die Meldung? Doch sicher, oder?
OMD sind Autoren, Produzenten, Rechteinhaber et cetera. Und sie nutzen die Plattform Youtube, um ihre Werke zu bewerben. Aber die GEMA hat etwas dagegen. Weil sie das Urheberrecht von OMD in Gefahr sieht? Völliger Quatsch!
Ich schreibe es nur ein einziges Mal, Herr Clauß: Die GEMA will Unmengen an Geld von Youtube / Google haben, um ihre Kassen aufzufüllen. Es kursieren die wildesten Beträge pro Klick. DAS – lieber Herr Clauß – ist der Grund für die Sperre.
Natürlich wurde die Verhandlung am Hamburger Landgericht geführt. Wo sonst? Das ist das Mekka aller Aasgeier, die mit Urhebern Pingpong spielen. Dort nämlich führen auch die Abmahnanwälte der Kanzlei KSP ihre Urheberrechtsverhandlungen und sind sich schon vor Verhandlungsbeginn mit dem Richter einig. Es ist völlig klar, dass dieser Prozess für Youtube verloren geht.
Wie gesagt: Herr Clauß geht erst einmal davon aus, dass es um Urheber geht. Aber dann stellt er klar, dass Youtube nicht mehr ohne Zustimmung der Rechteinhaber Videos zur Verfügung stellen darf. Rechteinhaber sind bei OMD die Band OMD und der Musikverlag 100% Recordings. Was meinen Sie, läuft bei Youtube wieder das offizielle Musikvideo zu „History of Modern 1“?
Ich lass mal das Video stehen. Im Moment ist es lauffähig. Das war aber auch schon anders. „Dieses Video ist in deinem Land nicht verfügbar“ stand da auch schonmal. Und das trotz des Nutzers, der es hochgeladen hat: 100PercentRecordsUK, also einer der Rechteinhaber – neben den Urhebern.
Darum die Frage an Herrn Clauß: Sind Sie sich sicher, dass die GEMA irgendetwas mit dem Schutz von irgendwelchen Rechten am Hut hat? Ich nehme es Ihnen nicht einmal übel, dass Sie hier Urheberrecht und Verwertungsrecht durcheinanderbringen. Aber die GEMA schützt keine Urheberrechte.
Aber kommen wir mal zum zweiten Teil Ihrer plakativen Überschrift, Herr Clauß. Ich will es ja auch von der Artikellänge her nicht zu weit treiben, damit mein Textvergleicher (sie wissen schon, oder?) auch dann die Welt finden würde, wenn ich nach Abschreibern suche. Falls ich suche.
Sie, Herr Clauß, schreiben von Schnorrern. Dabei sind es doch Organe wie die Welt, die schamlos schnorren. Es sind die Medien, die Privatnutzer und Blogger im Internet ausnehmen und gnadenlos massenhafte Urheberrechtsvergehen begehen. Es sind die Medien, die einfach mal einen Screenshot von einem Tweet bei Twitter machen, den Avatar und den Namen des Benutzers unkenntlich machen und dann drunter schreiben:
Quelle: Internet
Es sind die Medien, die die Prozedur „Rechtsklick auf ein Bild -> Grafik speichern unter…“ aus dem FF kennen und diese gespeicherten Bilder dann zu einem Nachrichtenartikel dazustellen, ohne einen Urheber anzugeben. Oder es steht dort:
Quelle: Internet
Mir ist es schon ähnlich gegangen. Auch von mir wurden ganze Absätze aus Blogartikeln schon anderweitig verwendet, ohne dass ein Link zu mir führte. Leider habe ich zu spät reagiert und fand die Artikel dann später nicht mehr. Da ihr von der Medienfront seit langem gegen Blogger mobil macht, habe ich aber nun entsprechende Vorkehrungen getroffen. Die Medienschnorrer kommen nicht mehr ungeschoren davon.
Ach ja, was mir gerade auffällt: Die Computerbild, ein Wurstblatt von euch bei Axel Springer, also solche wie Sie, Herr Clauß, bietet einen Konverter an, um Youtube-Videos in MP3s umzuwandeln. Unterstützt der Axel Springer Verlag etwas das Schnorren und die Verletzung des Urheberrechts? Wenn Sie, Herr Clauß, mir das nicht glauben, nebenan ist ein aktueller Screenshot (laut Computerbild ist das ein „Bildschirmfoto“). Aktualisiert wurde der Konverter am 13.04.2012.
Und herunterladen können Sie, Herr Clauß, den Konverter, falls Sie Youtube-Videos in MP3s umwandeln wollen, übrigens direkt bei Computer Bild. Ich habe keine Scheu, Ihnen den Link zum Programm anzubieten. === BITTE KLICKEN SIE HIER! ===
Ich möchte weiter auf dem Artikel des Herrn Clauß herumreiten. Der Herr Clauß ist nämlich ein ganz schlauer. Und aufgeweckt und ausgeschlafen ist er. Er bringt nämlich folgende Ausdünstung:
Wer im Internet die geistige Leistung anderer als Umfeld für (Werbe-) Geschäftsmodelle unentgeltlich missbrauchen möchte, wird in Zukunft sehr viel vorsichtiger sein müssen.
Soweit mir bekannt ist, fließt schon jetzt pro Klick ein Betrag X an die Rechteverwerter. Daher ist ja auch die Diskussion, dass die GEMA „einen höheren Preis pro gezeigtes Video“ erzielen will, wie ich neulich las. Wenn jemand einen höheren Preis erzielen will, setzt das voraus, dass bisher schon Einnahmen erzielt wurden, nur eben nicht hoch genug. Also „unentgeltlich“ stimmt hier einfach nicht, Herr Clauß.
Und dann kommt es. Der Herr Clauß wird entschuldigen, dass ich noch ein Zitat aus seinem nahezu grandiosen und bahnbrechenden Werk verwende. Die Quellenangabe findet jeder am Ende des Beitrags. Also, jetzt fährt der Herr Clauß nämlich richtig groß auf:
Schließlich ist nicht zuletzt wegen der herrschenden Rechtsunsicherheit und all der kleinen und großen Internetprofiteure die gesamte Musikindustrie praktisch enteignet worden, inklusive der Künstler.
Das ist schlichtweg Unfug. Man könnte auch über den Herrn Clauß das Fass auskippen, in dem sich die Lüge, die üble Nachrede und die Scharlatanerie befinden. Künstler werden seit ewigen Jahren durch die Musikindustrie enteignet. Nicht durch Youtube-Nutzer. Und in diesem Artikel von „kleinen und großen Internetprofiteuren“ zu schreiben, würde ja bedeuten, dass der Herr Clauß jedem Internetnutzer erst einmal bösen Willen und <Achtung, Schenkelklopfer> Diebstahl gesitigen Eigentums <Schenkelklopfer vorbei> vorwirft.
Warum die Musikindustrie die Künstler ausnimmt? Wir nehmen noch einmal das Beispiel OMD. In den 80ern waren die nämlich auch schon mal gefeierte Stars. Trotzdem hatten sie oft genug nicht genug „zu fressen“. Trotzdem waren sie fast jedes Jahr insolvent. Das alles wegen eines Knebelvertrags ihrer damaligen Plattenfirma. Und die hatte dann noch das eine oder andere Lied ohne Zustimmung der Urheber als Single verwertet, um noch mehr von OMD abschöpfen zu können.
Das hat übrigens die Firma damals unabhängig davon gemacht, ob jemand in der DDR mit dem Kassetten-Recorder die Musik aus dem Radio aufnimmt oder sonstwo die Musik von Platte auf Kassette kopiert wurde. An den Verhältnissen von OMD hat das nichts geändert. Diebstahl war das nicht, jedenfalls nicht das, was außerhalb des Verwerterapparates ablief.
Und zum Finale packt der Herr Clauß dann noch aus, dass der schnorrende Endverbraucher (in den Augen des Springer Verlags also jeder private Internetnutzer) und die Netzindustrie, die unentgeltlich nutznießen (also Facebook und Google) eine Symbiose eingegangen sind.
So einen Blödsinn habe ich noch nie gehört. Sie, Herr Clauß, stellen alle Internetnutzer unter Generalverdacht. Sie, Herr Clauß, unterstellen der Netzindustrie (zu der dann ja auch WELT ONLINE gehört) das Ziel der unveräußerlichen und unvererblichen Nutzung einer Sache. Und beide Gruppen würden ein Zusammenleben (eine Symbiose) vollführen. Wer hat denn bitteschön den Herrn Clauß auf die Leser der WELT ONLINE losgelassen?
Es ist also wieder einmal so, dass die Medien des Axel Springer Verlags groben Unfug praktizieren. Die WELT Leute – speziell der Herr Clauß – sollten sich einmal der sehr zynischen Diskussion in den Kommentaren zum Artikel des Herrn Clauß hingeben. Ich muss nicht deutlicher werden. Ein solcher Journalismus ist einfach nur: Grober Unfug. Das ist die alte Bezeichnung der Ordnungswidrigkeit: Belästigung der Allgemeinheit.
Eine ähnliche Meinung vertritt übrigens auch Farlion in seinem Blog. Ihr Artikel, Herr Clauß, ist dort der Flop des Tages. Und er ist eingeordnet unter Verbalterrorismus. Danke sehr!
Informationsquelle (Ist es denn „Information“?)