Looking for Freedom: 30 Jahre Mauerfall

Erinnert ihr euch an den trällernden Bademeister, der die Ohren in Gesamtdeutschland mit „Looking for Freedom“ malträtierte? Was war das damals im Jahr 1989? Bis heute hasse ich dieses Lied. Dass „Looking for Freedom“ ein damals schon alter Schinken war, war damals ziemlich egal. Und ganz ehrlich, heute suchen wir doch immernoch nach der Freiheit. Oder ist es denn anders?

I’ve been looking for freedom…

Nein, das wird keine Liedbesprechung. Aber neben dem pfiffelnden Klaus Meine von den Scorpions, der vom „Wind of Change“ im Gorki-Park in Moskau philosophiert hatte, war eben „Looking for Freedom“ der zentrale Soundtrack zur Wiedervereinigung. Und niemand denkt an Toni Krahl, der mit kratziger Stimme Casablanca erinnert:

Play it again, Sam, again and again…
Casablanca, as Time goes by…

(aus „Casablanca“ von CITY)

Aber ich wollte ja nicht über Musik erzählen. Aber es war eben so, dass man sich eine Freiheit herbei gebrüllt hatte, als man montags mit „Wir sind das Volk!“ auf die Straße gegangen ist. Da suchte man wirklich nach der Freiheit. „I’ve been looking for Freedom. I’ve been looking so long…“

Aber haben wir denn Freiheit gefunden, als heute vor 30 Jahren die Mauer fiel, die Trabbis frei nach den Village People „Go West“ tröteten? Oder war es vielleicht anders? Im gesamten Freiheitstaumel ging unter, dass der Osten hergeschenkt wurde. Aber das war ja nicht nur in Good Old Germany der Fall. Eigentlich begann es schon eher und eigentlich weltweit.

Nein, die Freiheit haben wir wahrscheinlich noch nicht gefunden. Sonst würde der Bademeister wahrscheinlich nicht mehr den alten Jack-White-Gassenhauer „Looking for Freedom“ trällern. So aber hören wir das Lied, das auch Bumsmusik-Barde Tony Marshall verdeutscht hatte, wieder den ganzen Tag.

Zeig mir, wie die Welt tickt

Wird uns das helfen, die Welt zu verstehen? Wo sind wir denn falsch abgebogen? Weltweit tanzen den Menschen die Populisten auf der Nase herum. Wir malen uns den Himmel einfach so an, wie wir ihn gerade brauchen. Im Bible Belt in den USA, der heute nur noch Rost Belt, verrotten weiterhin die zurück gelassenen Industrieruinen. Dennoch wird Donald Trump in den Himmel gehoben.

So ist das doch überall. Wo sind wir denn da falsch abgebogen, dass wir solchen laut krakeelenden Rattenfängern mehr glauben, als anderen? Und das begann schon Anfang der Achtziger. Zum Beispiel in Großbritannien. Eine entfesselte Wirtschaftsdiktatur wurde real. Das britische Duo Erasure sang darüber. Und wir kommen mit „Looking for Freedom“?

Man versteht es einfach nicht. Erklärt mir doch mal, wieso es immer dort, wo es schlecht läuft, die Labertaschen die großen Gewinner bei den Wahlen sind. Das ist sogar nachgewiesen. Das wird nicht die große Freiheit vom trällernden Bademeister. Erklärt mir doch mal, wie das so gekommen ist. Den Quatsch versteht niemand.

Und deshalb bleibt man ratlos am Tag des Mauerfalls, der auch der Tag der Reichspogromnacht ist und der Tag der Abdankung von Kaiser Wilhelm II. oder der des Ludendorff-Putsches gegen Adolf Hitler war oder, oder, oder. Wir denken aber nur an „Looking for Freedom“ und suchen nach einer Freiheit, die es so nicht gibt.

Es ist nicht alles schlecht

Nein, keine Frage: Der Mauerfall war ein Glücksfall. „Die Mauer muss weg“ war einfach nur logisch. Die DDR hätte den bevorstehenden Winter nicht überlebt. Aber es hätte mehr Regeln geben müssen, sodass nicht die Glücksritter den Osten plündern konnten. Aber ich denke, dass das auch so gewollt war. Und insofern hat man schon voneinander profitiert.

Ich denke, wir sollten vielleicht lernen, auch mal etwas positiv zu sehen. Gut, den trällernden Bademeister braucht niemand mehr. Dennoch werden wir nicht um „Looking for Freedom“ herum kommen. Und wenn wir anfangen, mehr positiv zu sehen, halten wir dieses Monstrum vielleicht doch noch für gelungene Musik.

Genießen wir, was wir haben, es könnte schlechter laufen. Sehen wir positiv, dass wir so eine bewegte Geschichte haben. Aber plärren wir nicht jeden nieder, der nicht unserer Meinung ist. Und hören wir nicht jedem zu, der lauthals den Marktplatz zusammenbrüllt. Letztlich sollten wir es auch als Frechheit ansehen, wenn irgendwer „Wir sind das Volk“ als Schlachtruf für Labertaschen missbraucht.

Denken wir lieber an den guten, alten Peter Gläser. Der war Sänger der legendären DDR-Band „Renft“ und sang dieses wunderbare Lied, das Kurt Demmler getextet hatte:

Klaus-Renft-Combo "Wer die Rose ehrt"
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