Medienkompetenz: Was in dieser Zeit fehlt

Die Medienkompetenz ist die Fähigkeit, Medien und Inhalte sachkundig zu nutzen. Mir scheint, diese Fähigkeit geht immer mehr Menschen heutzutage verloren. Aber Medienkompetenz der Medien selbst ist in meinen Augen auch zum Teufel gegangen. Was daraus folgt? Chaotische Wortmeldungen, Halbwahrheiten, wilde Diskussionen mit halbgaren Inhalten, Wut und Hetze. Das macht derzeit leider Deutschland aus. Und darüber müssen wir reden.

Was ist nun diese Medienkompetenz?

Die Medienkompetenz ist ein weitreichendes Gebiet. Es umfasst, Medien zu kennen und zu nutzen. Welche Zeitungen, Nachrichtenseiten, Rundfunkanstalten etc. gibt es? Wo kann ich ein Buch ausleihen? Wo finde ich denn Nachrichten? Des Weiteren muss klar sein, wie man sich an medialen Kommunikationen beteiligt, z.B. einen Blogartikel kommentieren, einen Leserbrief schreiben oder sich in einem offenen Kanal beteiligen.

Gleichwohl sollte man immer eine kritische Distanz zu Medien halten und sich immer die Frage vor Augen halten, welchen Zweck der jeweilige Inhalt hat. Und nicht zuletzt gehört auch zur Medienkompetenz, selbst kreativ zu werden, zum Beispiel mit einem Blog, einem Youtube-Kanal oder etwas anderes.

Für Medien erhebe ich den Anspruch, dass sie so aktuell wie nötig und so genau wie möglich arbeiten sollen. Schnellschüsse bringen niemandem etwas. Sie sollen jegliche tendenziöse Berichterstattung unterlassen und den Nachrichtenkonsumenten die Geschehnisse wahrheitsgetreu aufbereiten und in einer umfassenden, aber nicht ausufernden Form präsentieren. Schaffen das unsere Nachrichten?

Wenn Clickbait alles ist

Ich habe mal von den „Clickbait-Schlampen“ geschrieben. Wenn Sie nun denken, das passiert nur „bei diesen Blogs“, liegen Sie falsch. Im Freistaat Sachsen gibt es derzeit einige Probleme, weshalb Ministerpräsident Kretschmer eine Regierungserklärung abgab. Er sprach von sehr vielem, auch von den Vorfällen in Chemnitz (Schauen Sie mal zu Youtube). Aber er sagte auch, dass seines Wissens kein Mob durch Chemnitz tobte. Was machen die Medien daraus?

Die Überschrift der "ZEIT" lässt vermuten, Michael Kretschmer hätte nichts anderes gesagt, als dass es in Chemnitz keinen Mob gab
Die Überschrift der „ZEIT“ lässt vermuten, Michael Kretschmer hätte nichts anderes gesagt, als dass es in Chemnitz keinen Mob gab

Natürlich ist das Unfug, was da der Ministerpräsident erzählt hatte. Aber es war halt nur ein Satz innerhalb von 30 Minuten. Von den Medien hätte ich mir da mehr Kompetenz erwartet, Medienkompetenz eben. Die ZEIT ist ein perfektes Beispiel, wie es auch in anderen Medien stattfand. Statt einen Artikel zu verfassen und die Rede mit einzubinden, wurden die Leser förmlich mit „Meldungen“ überschwemmt, wie schlimm das doch alles war:

Innerhalb von nur ein paar Stunden flatterten bei der ZEIT einige Artikel zu Kretschmer herein
Innerhalb von nur ein paar Stunden flatterten bei der ZEIT einige Artikel zu Kretschmer herein

Das ist für meine Augen einfach nur Clickbait und zeigt in keinster Weise, wie energisch Kretschmer war. Das kann man aber sehen, wenn man die oben verlinkte Regierungserklärung sieht. Muss das sein, was die Medien da abziehen? Aber auch die öffentlich-rechtlichen Sender und alle anderen hatten einzig und allein nur die Mob-Aussage am Wickel. Das klickt gut, es ist aber keine Medienkompetenz.

Werde ich mich einmischen?

Ich schrieb neulich davon, dass ich weniger tagesaktuelle und / oder politische Themen hier im Blog haben werde. Das heißt aber nicht, dass ich mich gar nicht einmischen werde. Gerade solche Sachen wie dieses unnötige durchs-Dorf-Treiben von Menschen, die man gerade nicht mag, geht mir gehörig gegen den Strich. Und hier werde ich mich wohl immer wieder zu Wort melden.

Ich möchte auch dazu aufrufen, sich nicht vorschnell ein Urteil zu bilden. Um die Chemnitz-Geschichte herzunehmen, will ich mal fragen: Gab es denn wirklich einen Mob? Oder wurde das nur irgendwo berichtet und nur dieses eine unscharfe Handyvideo herum gereicht? Es gibt da einige Widersprüche. Das sind solche Dinge, die man immer wieder hinterfragen muss. Denn nicht immer ist die erste Quelle auch die beste. Das gehört nun einmal mit zur Medienkompetenz.

Auch hier als Beispiel die ZEIT. Scheinbar gab es mehrere Verletzte in Chemnitz. Aber war das dann gleich ein Mob? Wenn dem so war, lag Kretschmer falsch. Aber es war eben nicht seine zentrale Aussage. Und was die Mob-Geschichte betrifft: Ich bin der letzte, der das Ganze relativieren würde. Aber ich habe gestern die Meinung gehört, dass das eine reine Auslegungssache sei. Vielleicht kommen wir am Ende so weiter?

Schon in der Schule gilt: Facebook ist kein Medium

Ja, gestelzte Zwischenüberschrift, aber sei’s drum. Ich will auf etwas besonderes hinaus. Medienkompetenz muss schon ab der Grundschule gelehrt werden. Meine Tochter sah gern die Logo-Nachrichten auf dem KIKA. Da war sie jünger. Mittlerweile interessiert sie so etwas gar nicht mehr. Und warum? In der Schule und Co. wird einfach in Sachen Medienkompetenz nicht entschieden genug nachgefasst. Und ehrlich, wenn sie nur hier und da bei mir ist, habe ich da wenig Einfluss.

Ebenso wenig, wie ich Chancen habe, mit meiner Behauptung „Facebook ist nicht das Internet“ irgendwie Gehör zu finden. Mich erreichen immer wieder Kommentare, Nachrichten oder Emails, in denen ich zu Überschriften von Artikeln oder Anreißtexten bei Facebook befragt werde. Oft genug liest niemand, was unter irgendeiner Überschrift steht. Und damit wird die Medienkompetenz auf den Misthaufen geworfen.

Jetzt stellen Sie sich mal vor, diese ganzen Überschriften-Versteher lesen nur die Überschriften bei der ZEIT oben. Was meinen Sie, welche Meinung die sich über Kretschmer bilden? Nicht falsch verstehen, ich mag ihn auch nicht. Aber welches Bild wird da gezeichnet? Darum gilt:

  1. Ein Inhalt muss vollständig konsumiert werden
  2. Dann muss man ihn durchdenken
  3. Erst dann darf man sich eine Meinung bilden

Was machen wir denn nun mit der Medienkompetenz?

Ich schreibe es immer wieder gern: Die Menschen, die bei mir kommentieren, scheinen meistens die Artikel vollständig gelesen zu haben, um sich eine Meinung bilden zu können. Insofern bin ich sehr froh über mein Publikum. Das kann nicht jeder von seinem Publikum behaupten. Aber dann müssen wir es eben anregen, dass sich die Menschen mit Defiziten befleißigen.

Aber eben nicht herablassend. Ein „Du Vollhonk, lies doch mal den Artikel!“ hilft in Sachen Medienkompetenz nicht weiter. Vielleicht können wir es erreichen, dass sich im Laufe einer Diskussion das Umdenken ergibt, dass man sich doch noch mehr schlau machen muss. Und sei es, dass der kommentierte Artikel dann einfach auch mal gelesen wird. Das ist viel dienlicher. Und gehört übrigens auch zur Medienkompetenz. Lesen Sie es einfach mal.

Ich glaube, man wird gesellschaftlich besser anerkannt, wenn man solche Fähigkeiten besitzt und auch anwenden kann. Ja, wir alle haben da in irgendeiner Form Nachholbedarf. Ich auch. Medienkompetenz muss trainiert werden und immer wieder geübt werden. Gelingt dies, haben Falschmeldungen und Hetze weniger Möglichkeiten, sich auszubreiten.

6 Replies to “Medienkompetenz: Was in dieser Zeit fehlt”

  1. Hi Henning!

    Ich möchte mich bei solchen Themen ja nicht zu sehr loben, trotzdem sollten sich mal viele Leute meine Artikel durchlesen und ich meine auch wirklich *richtig* durchLESEN, nicht nur grob überfliegen! Es hat einen guten Grund, warum ich oftmals (je nach Verfügbarkeit und/oder Thema) unterschiedliche Quellen für meine Artikel verwende und natürlich auch verlinke. Nur dadurch ist es möglich, daß diese einiger Maßen neutral geschrieben sind. Einzige Bedingung dabei ist, daß die Quellen frei zugänglich sind und nicht hinter einer Paywall, einem Abo oder ähnlichem stecken.

    Meine entsprechenden Recherchen sind es auch hauptsächlich, warum ich nur sehr wenige Artikel veröffentliche. Z. B. bin ich seit einiger Zeit mit einem Artikel fast fertig, aber es hat einfach noch was gefehlt. Dazu gehört auch ein Artikel von dir, welchen ich nun mit einbringen kann! ;-) Es handelt sich dabei irgendwie auch um das Thema *Medienkompetenz*, allerdings sind dabei auch wir Blogger betroffen. Der entsprechende Artikel wird demnächst veröffentlicht, ich muß ihn nur nochmal etwas ändern bzw. aufbereiten!

    Rundfunkanstalten und Bücher gehören übrigens nicht zu meinen Quellen, alleine schon auf Grund der Vielfalt ist das eigentlich nicht möglich. Zudem sehe ich nur zwischendurch bei Bekannten fern, der einzige Radiosender bei mir ist die „Rock Antenne“ per Internet und meine eigenen Bücher (Grusel, Science-Fiction, Fantasy und Krimis) eignen sich eher nicht als Quellen! :-)

    Die „ZEIT“ ist übrigens mit ein Grund dafür, daß man immer nach weiteren Quellen suchen sollte. Was die da manchmal von sich geben, da ist wie bei der BILD so mancher Horrorstreifen ein harmloses Kinderbuch dagegen! Facebook sollte man natürlich auch nicht unbedingt verwenden, unglaubwürdiger geht es kaum noch. Was mir da sogar aus meinem eigenen engsten Umfeld schon aufgetischt wurde, das ist echt zum verzweifeln! :-(

    Alles weitere dazu dann in meinem Artikel, der eventuell noch heute erscheint.

    1. Oh, da bin ich ja gespannt auf den Artikel. Aber sonst hast du natürlich Recht. Ist es nicht ein fatales Zeichen, dass die „ZEIT“, die als renommiert und über jeden Zweifel erhaben gilt, sich in so ein Licht rückt? Ich habe mir das niemals ausmalen wollen.

      Was ich da als Quellen genannt habe, meinte ich in Bezug auf die Medienkompetenz im Allgemeinen. Nehmen wir mal an, ein Schüler sucht für einen Vortrag nach Informationen zu einem Thema, dann soll er natürlich auch auf Bücher und dergleichen zurückgreifen. Insofern gilt für die Medienkompetenz auch: Wissen ist Wissen, wo es steht.

      1. Guten Abend Henning!

        Irgendwas geht da bei meinem Castle wohl daneben, denn ich kann derzeit Trackbacks/Pingbacks weder empfangen noch gehen meine nach draußen. Der von mir erwähnte Artikel ist nämlich endlich fertig, der wurde allerdings wesentlich länger wie erwartet und ich habe sogar einen Punkt dabei ganz aus den Augen verloren!

        Nun gut, dann gibt es den Link dazu auf diese Art:

        https://www.tmowizard.eu/wordpress/2018/10/09/yacy-dsgvo-uploadfilter-lsr-blogger-vs-journalisten-eine-studie/

        Ich habe es damit nach längerer Zeit endlich geschafft, daß ich wieder einen Artikel geschrieben habe. Durch den vergessenen Punkt und der Recherche für weitere Artikel ist aber passend dazu noch mehr zusammen gekommen, es gibt also eventuell wieder öfter von mir zu lesen!

        Viele nächtliche Grüße aus TmoWizard’s Castle zu Augsburg

        Mike, TmoWizard

  2. „Insofern bin ich sehr froh über mein Publikum. Das kann nicht jeder von seinem Publikum behaupten.“

    Ich lese deinen Blog schon bald seit einem Jahr und bin sehr überrascht wie viel du veröffentlichst. Was auch ein Grund ist wieso ich manchmal sogar mehrmals am Tag vorbei schaue^^ Andere Blogs die ich verfolge posten vielleicht mal etwas alle 1-2 Wochen oder so etwas. Jedenfalls bin ich dadruch neugierig geworden und frage mich wie groß dein Publikum eigentlich ist, weil du so viel postest.^^

    1. Hallo Katrin,

      das weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Da ich irgendwann von Google Analytics Abstand genommen habe und die Alternative WP-Statistics nur Fantasiewerte angibt, kann ich nur vermuten. Und das wäre unredlich. Aber die, die hier kommentieren, tun das mit einem gewissen Niveau. Und darüber bin ich sehr froh.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert