Social Exit – Wozu brauchen wir soziale Netzwerke?

Was ist denn ein Social Exit? Ich meine, wir kennen ja alle die Debatte um den Brexit, also den British Exit. Aber was will ich denn nun mit Social Exit sagen? Ganz einfach: Müssen wir raus aus den sozialen Netzwerken? Und brauchen wir diesen Kram überhaupt? Es gibt ja die großen Auswüchse, was diese ganze Thematik betrifft. Und da muss ich mich einfach nochmal dazu positionieren. Das kann so falsch nicht sein.

Die Plattformen machen, was sie wollen.

Eigentlich müsste man den Social Exit durchziehen. Nicht, um den Plattformen zu schaden. Denn das interessiert sie ohnehin nicht. Es geht vielmehr darum, die eigene Datenhygiene zu betreiben. Denn es ist nun einmal so, dass die Plattformen sowieso machen, was sie wollen. Nutzerwünsche? Was soll das sein? Und wenn ja, wie viele? So ungefähr kommen einem die Plattformen vor.

Es ist doch irgendwie so, dass die Plattformen eh nicht das können, was ein Blog kann. Die Betreiber der Plattformen reden den Nutzern pausenlos ins Essen. Das kann mir bei meinem Blog nicht passieren. Und in den riesigen digitalen Klo-Wänden namens Facebook, Twitter, Instagram und Co. geht so viel unter. Im Blog bleibt das nun mal erhalten. So lang der Blog besteht. Und das ist kein Witz.

Und wir haben mit Algorithmen bei den Plattformen zu tun. Diese Algorithmen bestehen aus vielen einzelnen Schritten, um als Ergebnis eine Timeline zu definieren. Dazu müssen die Programme Nutzer analysieren und auch deren Kontakte und Interessen und all das. Glaubt denn irgendwer, dass das bei einem Blog auch stattfindet? Daran haben wir doch gar kein Interesse.

Ach, und die sozialen Netzwerke sind ja offen wie Scheunentore und geben alles an Bildmaterial weiter, wie in der New York Times steht. Das ist nicht so schlimm? Dann lest mal den Artikel. Übersetzt ihn euch und zieht die richtigen Schlüsse. Ach, zu viel Arbeit? Dann kann euch niemand helfen. Jedenfalls ist es wahrscheinlich unausweichlich, über einen Social Exit nachzudenken.

Glaube nie, was du siehst

Ihr könnt ja überall auf irgendwelche Knöpfe drücken, um zu signalisieren, dass euch der jeweilige Eintrag gefällt. Die Like-Buttons aber sind ein enormes Problem, was den sozialen Netzwerken aber vollkommen egal ist. Es gibt ganze „Like-Factories“, die solche Likes fälschen. Wer sagt euch denn, dass andere Dinge nicht auch gefälscht sind? Die „Social Signals“ befeuern dann noch dazu die Algorithmen, die euch beeinflussen.

Nein, wir können einfach nicht glauben, was wir in den sozialen Netzwerken so sehen. Das Blöde an der ganzen Nummer ist allerdings, dass das so viele Nutzer gar nicht mitbekommen. Man nimmt das Ganze dann als gegeben an. Und diese Algorithmen sorgen dann sogar dafür, dass man sich mehr und mehr in irgendeine Filterblase, in eine Echokammer begibt. Und Überraschung: Das wiederum befeuert Extremismus.

Und all diese Dinge sorgen dafür, dass eine Scheinwelt entsteht, die den Konzernen unfassbare Einnahmen beschert. Inhalte, die von den Nutzern erstellt werden, der „User-generated Content“, werden von den Plattformen ausgeschlachtet und verwertet und sorgen für die vielen Milliarden an Gewinn. Und das Alles aufgrund von Algorithmen, die durch Fälschungen angetrieben sind? Großartige Nummer, oder?

Social Exit: Sollen wir raus aus den sozialen Netzwerken?

Wenn ich irgendwas veröffentliche, dann eigentlich ausschließlich in meinem Blog. Klar, einen kurzen Meinungsrülps gebe ich schon mal in Twitter oder sonstwo von mir. Aber prinzipiell findet mein Treiben im Internet in meinem Blog statt. Ja, der wirft nichts weiter ab – außer den Tantiemen von der VG-Wort. Ich habe dabei im Schnitt 500, 600 Aufrufe am Tag. Ich schreibe meinen Kram, und damit hat es sich.

Na klar, ich stehe mit Menschen in Kontakt. Und das ist mir auch wichtig. Das passiert aber auch wesentlich häufiger über Kommentare unter Artikeln oder Emails oder so, also auch wieder über den Blog an sich, statt über die sozialen Netzwerke. Wenn die Facebooks, Twitters, LinkedIns dieser Welt morgen abgeschaltet werden würden, wäre das am Ende nicht weiter schlimm für mich.

Aber sollen wir nun raus aus Social Media? Also das, was ein Social Exit bedeuten würde. Ich hatte ja lange Zeit die Hoffnung, dass die Plattformen wieder sozialer werden. Aber das ist ein Trugschluss. Ich denke, niemand sollte aufgrund von Empfehlungen seine Accounts schließen. Aber vielleicht ist ein wenig Abstinenz gar nicht so verkehrt.

Und das gilt auch für die Messenger. Erst wurde angekündigt, dass in WhatsApp nun Werbung kommen wird. Klar, Facebook will nun auch klar erkennbar Geld damit verdienen, nicht nur durch Datenhandel. Nun ruderte aber das Unternehmen zurück. Aber mal ehrlich: Wie glaubhaft ist das denn? Nein, eigentlich muss man einen harten Schnitt machen. Oder wie sehr ihr das?

Was sind denn meine Kanäle in den sozialen Netzwerken?

Es gibt jede Menge Menschen, die überall in den sozialen Netzwerken herumturnen müssen. Als Blogger, der sich unter anderem mit Themen rund um Internet, Social Media, Datenschutz, Digitalisierung etc. auseinandersetzt, bin ich ja auch in den sozialen Netzwerken zugegen. Ich mache mal eine kleine Liste ohne Links zu meinen Profilen.

  • Facebook: Ja, schon viele Jahre dabei. Aber eigentlich ist es für mich seit langem uninteressant
  • Twitter: Seit über 10 Jahren dabei, aber kaum noch tauglich, um irgendwelche Trends zu verfolgen
  • LinkedIn: Seit einigen Jahren im Business-Netzwerk, Vernetzung ist so lala
  • Xing: Wieder dabei im Business-Netzwerk seit einigen Monaten, Vernetzung ist eher schlecht
  • Instagram: Nein, nein und nochmals nein, ich kann den ganzen Quatsch einfach nicht verstehen
  • Pinterest: Mal gute Inspirationsquelle, mal Quatsch, der Algorithmus dort ist untauglich
  • WhatsApp: Nur im Einsatz für Menschen, die sich zu nichts anderem überreden lassen
  • Telegram: Kaum genutzt, außer für den Austausch mit ganz wenigen
  • Kaizala: Spielt keine Rolle
  • Threema: Spielt keine Rolle

Ich habe bewusst die Messenger mit aufgeführt. Denn dort haben wir ja auch Accounts. 23 Kontakte habe ich bei WhatsApp, 15 bei Telegram, 2 bei Kaizala und 1 bei Threema. Einige sind doppelt. So ist das auch bei den Plattformen. Dass ich nun eine wahnsinnig hohe Kontakte-Zahl habe, kann nun niemand behaupten. Und die Frage ist doch: Mit wie vielen steht man denn wirklich in Kontakt? Und da muss ich ganz ehrlich sagen: Mit kaum jemandem.

Mit würde es gefallen, wenn ich das Alles konsolidieren könnte. Am Ende wird es aber darauf hinauslaufen, dass alles so bleibt, wie es ist. Es sei denn, ich mache Accounts dicht. Social Exit light, sozusagen. Dabei muss man ja auch immer fragen: Wie wichtig sind mir die Accounts, und wie wertvoll das jeweilige Netzwerk.

Fazit

Nein, niemand braucht soziale Netzwerke. Wenn ich so Auswüchse sehe, dass jemand beim Einkaufen vor einem Regal steht und die richtige Auswahl mit seinen Kontakten in Facebook diskutiert, amüsiert mich das doch sehr. Wir haben uns viel zu abhängig von der kunterbunten Farbenwelt gemacht. Wir haben verlernt, uns mit echten Kontakten und Freunden auszutauschen. Und wir leben im betreuten Denken.

Viele Diskussionen und Debatten würden wohl anders verlaufen und nicht in offenen Extremismus und in Hass münden, wenn wir sie nicht in den sozialen Netzwerken, sondern in freier Wildbahn führen würden. Für manche – wenn nicht sogar viele – Menschen wäre ein Social Exit sogar eine gute Nummer, um mal wieder in der Realität anzukommen.

Ja, und das schreibe ich als IT-Mensch und Blogger. Ist die Welt nicht verrückt? Am Ende bleibt es bei meiner Strategie, dass ich meine Geschichten, die ich zu erzählen habe, in meinen Blog schreibe. Ich gehe davon aus, dass Social Media irgendwann am Ende sein wird. Und dann ist es gut, eine eigene Plattform zu haben. Social Exit hin oder her.

9 Replies to “Social Exit – Wozu brauchen wir soziale Netzwerke?”

  1. Für mich gab es einen Grund, mich zurückzuziehen (im Juli 2019). Mir ging die Eskalation der Themen mehr und mehr auf die Nerven. Aus nichtigen Anlässen wurden Leute „aussortiert“, nur weil sie eine andere Meinung vertraten. Die so genannten sozialen Netzwerke helfen dabei, unsere Gesellschaft zu zerstören. Meine Meinung.

    1. Hallo Horst,

      Das stimmt. Und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir das passt. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Algorithmen durchaus eine tragende Rolle dabei spielen. Die sind es auch, die die sozialen Netzwerke kaputt gemacht haben.

  2. Es ist kompliziert… Wenn Du nicht mehr bei Facebook posten würdest, hätte ich diesen Blogpost vielleicht nicht entdeckt. Sociale Netzwerke: man kann irgendwie nicht mit ihnen und nicht ohne sie. Björn Tantau bezeichnet Facebook und Instagram übrigens inzwischen nicht mehr als „social networks“, sondern als Marketingplattformen.

    Und ich bin sehr froh, dass Du „Social Exit“ nicht mit einer ähnlichen Abkürzung wie Brexit abgekürzt hast. *lol*

    1. Hallo Eddy,

      soll ich mir vielleicht doch „Soxit“ patentieren lassen? Dann hätten wir Brexit, Megxit, Saxit etc. Da passt Soxit gut rein.

      Also man bekommt meine Artikel eigentlich super mit. Du kennst ja meinen Kanal bei Trusted Blogs. Wenn nicht, kann man mir auch bei Google News folgen. Vielleicht ja auch über den Google FeedBurner. All diesen Kanälen ist eins gemein: Sie arbeiten mit dem RSS Feed. Aber das weißt du ja Man weiß aber nie, wer sonst noch sowas profanes wie Blog-Kommentare liest.

      Es stimmt schon, eigentlich will man auf die SoMes verzichten. Aber irgendwie geht es auch nicht ohne. Und da ich ja nicht so viel mit Marketing am Hut habe, weiß ich nicht, inwiefern diese Plattformen überhaupt für mich sinnvoll wären.

      1. Ich gebe zu, dass ich bewusst provokant formuliert habe: natürlich finde ich Deine Artikel auch dann, wenn Du sie nicht bei Facebook promotest. – Aber zur Wahrheit gehört auch, dass ich auf diesen Beitrag zuerst via Facebook aufmerksam wurde. Zufälligerweise. Klar.

        Und was die Abkürzung betrifft: ich hatte an SEXIT gedacht… 🤣

  3. Da siehste: Durch einen Link in einem aktuellen Artikel in deinem BLOG über „StumbleUpon“ bin ich auf diesen 13 Monate alten Artikel ebenfalls in deinem BLOG gestoßen. Geht doch. Wäre der aktuelle Artikel (der vom 10.2.21) auf deiner Facebook-Seite oder sonstwo erschienen, hätte ich ihn nie zu Gesicht bekommen, also auch diesen 13 Monate alten Artikel hier nicht.

    Blogs funktionieren auch deswegen, weil sie beständig sind und nicht der täglichen Minuten-Aktualität hinterherhecheln. Für Blogs gilt eben nicht der Twitter-/Facebook/Instagram-Spruch: Nichts ist so alt wie die Nachricht von vor anderthalb Minuten.

    Bei besagten Dienste war ich noch nie Mitglied und werde es auch nie sein. Ich brauche das nicht und es fehlt mir ohne sie tatsächlich auch nichts. Ich turne seit gut 25 Jahren im Internet bzw. WorldWideWeb herum, anfangs noch ganz frisch und ahnungsfrei startete ich bei Compuserve. Facebook ist im Grunde nichts anderes, nämlich eine proprietäre, in sich abgeschlossene Community innerhalb des Webs, das habe ich also schon lange hinter mir.

    Wie in deinem Fall auch gilt für mich: Was ich zu sagen oder schreiben habe, schreibe ich in meinem Blog oder in Kommentaren in anderen Blogs. Oder gelegentlich in einem bestimmten Forum. Oder bespreche es am Telefon.

    Ja, halt: Threema nutze ich, weil drei meiner Freunde es ebenfalls als Messengerdienst nutzen. WhatsApp würde ich allerdings deswegen trotzdem niemals nutzen.

    1. Hallo Boris,

      huiii, das überrascht mich doch. Ich hätte nie gedacht, dass das Thema StumbleUpon überhaupt jemanden interessiert. Und dann liest den Artikel jemand und hangelt sich zu anderen Artikeln weiter. Genau das ist es, was Blogs ausmacht.

      Ich habe meine Facebook-Seite schon vor längerer Zeit abgeschaltet. Ich meine: Das ist deren Plattform, also bestimmen sie auch die Regeln. Die hatten sich eigentlich immer nur zum Schlechten verändert. Und deshalb musste die Seite daran glauben.

      Im Grunde genommen, ist eigentlich alles, was abgeschirmt ist, Gift für den Grundgedanken des Internets. Denn der war ja mal, dass alles für jeden teilbar ist. Tja, und dann kamen die Zuckerbergs und die Dorseys. Schade. Aber deshalb ist das mit Blogs auch nach wie vor so wichtig, weil wir eben anders ticken als die Plattformen.

      1. Wir erinnern uns richtig:

        Bei Facebook und (allen) Co. sind WIR die Ware, nicht Kunden. Wir (nicht ich, da nie „drin“) bekommen nicht die Leistung des Geschäftsmodells geliefert, sondern bloß die lockenden Krümel, damit WIR als Leistung an die Kunden verkauft werden können. Nur darum und um nichts anders geht es bei den „Social Networks“.

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