Datenschutz-Irrsinn: Die sterbenden Blogs

Ja, der Datenschutz-Irrsinn ist in vollem Gange. Diese ominöse Datenschutz-Grundverordnung kommt am Ende der Woche. Am 25. Mai ist der große Tag. Unzähligen Bloggern drohen dann horrende Abmahnungen, weshalb in den letzten Tagen etliche Blogs ihre Tore geschlossen haben. Das ist heute mein Thema im Abwasch der Woche. Ganz ehrlich: Ich möchte mal ein wenig schimpfen.

Datenschutz-Irrsinn, Datenschutz-Desaster

Ich wäre nie auf die Idee gekommen, von Datenschutz-Irrsinn zu erzählen, wenn nicht die Datenschutz-Grundverordnung um die Ecke schielen würde. Es kommt einem fast so vor, als würden einfach mal Unmengen von Vorschlägen in die Gesellschaft gekippt, auf dass diese etwas daraus machen solle. Ohne wirklichen Plan wurden da Dinge in eine Verordnung gegossen, sodass der Raum für Interpretationen und Grauzonen immens groß ist. Mal ehrlich: Kann das so gewollt gewesen sein?

Es geht ja nicht darum, dass ich den Datenschutz für unwichtig halte. Es geht darum, wie das Alles umgesetzt und durchgesetzt wird. Insofern konnte es nicht ernst gemeint gewesen sein, wenn die EU-Justiz- und Verbraucherschutzkommissarin Jourova davon redete, dass selbst für sie als nicht-technikaffine Nutzerin die DSGVO keine Schwierigkeit sei. Dabei geht es ja gar nicht um Technik, sondern um Rechtliches. Und in der Hinsicht lässt uns die EU mal ganz allein.

Dieser ganze Quatsch mit der DSGVO taugt nichts. Da liegt so viel im Ungefähren, dass man sich an nichts orientieren kann. Klar, die Großen sind fein raus. Die haben ihre Rechtsabteilung und findige Anwälte und sowas. Aber die 2-Mann-Malerwerkstatt, der freischaffende Bildhauer, der Blogger, der Stadtteil-Sportverein: Die haben alle ein Problem. Egal, wie engagiert sie versuchen, die äußerst schwammigen Ausführungen zur DSGVO umzusetzen: Es bleiben immer Risiken, die nicht kalkulierbar sind.

Die Konsequenzen in der Bloggerszene

Ich nutze ein Plugin namens „Broken Link Checker“. Dieses Plugin scannt den Blog nach Links, die nicht mehr funktionieren. In letzter Zeit findet das Plugin immer mehr Links zu anderen Blogs, die einfach nicht mehr funktionieren. Die Blogs sind nicht mehr da. Entweder sind sie komplett weg. Oder es steht da, dass man den Blog aufgrund der DSGVO bis auf weiteres eingestellt habe. Klar, man könnte argumentieren, dass das Alles übertrieben sei. Aber kann man es den Bloggern verdenken?

Niemand hat als privater Blogger die finanziellen Mittel und die juristische Kenntnis, die DSGVO richtig umzusetzen. Und weil viele Blogger ihre Blogs überhaupt angefangen haben, weil man suggeriert bekam „Mach ’nen Blog auf, das ist ganz easy“, haben sich viele lange Zeit überhaupt nicht um Datenschutz gekümmert. Und nun kommt die DSGVO, und viele Dienste, die die Blogger nutzen, kümmern sich mittlerweile einen Dreck darum, weil sie gar nicht in Europa sitzen.

Damit werden Blogger allein gelassen. Aber auch innerhalb der Blogger ist man allein. Es gibt immer nur kleine Grüppchen, die sich da austauschen. Aber eine Organisation wie der Deutsche Journalisten-Verband für die Journalisten ist bei Bloggern einfach nicht umsetzbar. Demzufolge haben Blogger keine Lobby, und deshalb werden viele Blogger wohl von der DSGVO plattgewalzt.

Wer profitiert vom Datenschutz-Irrsinn?

Ich schreibe es nochmal: Ich halte Datenschutz für immens wichtig. Und der Gedanke hinter der DSGVO an sich ist auch gut. Umgesetzt wurde es allerdings denkbar desaströs. Nun kann man sich darüber unterhalten, dass das doch im Allgemeinen den Internet-Nutzern und überhaupt den Kunden zugute kommt. Aber wenn sich nun Außendienstler womöglich davor scheuen, sich gegenseitig Visitenkarten zuzustecken, müssen wir uns darüber unterhalten, wer von dem Datenschutz-Irrsinn profitiert.

Da sind erstmal die Rechtsanwälte. Ich schrieb des Öfteren davon, dass ich davon ausgehe, dass die Abmahn-Advokate schon mit den Hufen scharren. Vielleicht wird es so kommen, dass erstmal jede Webseite, jeder Handwerksbetrieb, jeder Kleingartenverein usw. eine strafbewehrte Abmahnung mit einer horrenden Kostennote um die Ohren gehauen bekommt. Durch die rechtliche Unsicherheit, die die Verordnung mit sich bringt, wird das wohl von vielen Betroffenen bezahlt werden, bevor deren Betrieb eingestellt wird.

Aber die Rechtsanwälte werden auch unfassbar viel Geld damit verdienen, Rechtsstreite durchzuführen. So wie sie in letzter Zeit auch kolossal viel Geld mit der Beratung zur DSGVO verdient haben. Ich habe von einigen Menschen gelesen, die so eine Beratung in Anspruch genommen haben, viel Geld bezahlt haben und aus dem Gespräch so schlau heraus gekommen sind, wie sie herein gingen.

Tja, und nehmen Sie es mir nicht übel, aber die großen Konzerne – gleich welcher Branche – werden davon profitieren. Denn die können sich eine ganze Armada an Advokaten leisten. Damit werden die kleinen Anbieter links und rechts platt gemacht. Marktbereinigung heißt das. Wenn man also zukünftig nur noch Springer-Presse statt unabhängige Blogs zu lesen bekommt, ist das eine Folge der DSGVO.

Habe ich Angst vor der DSGVO?

Ich weiß, dass der Datenschutz-Irrsinn kommt und das halbe Internet kaputt machen wird. Aus diesem Grund habe ich Vorkehrungen getroffen. Ich habe versucht, vieles so gut wie möglich umzusetzen. Eigentlich hatte ich vor, mir dazu kompetente Hilfe dazu zu holen. Leider hatte der Kontakt nicht geklappt. Jetzt kann ich eigentlich nur hoffen, dass der Sturm nicht so schlimm wird, wie er angekündigt ist.

Man kann eigentlich nicht sagen, dass ich Angst vor der DSGVO habe. Es bleibt ein desaströser Datenschutz-Irrsinn, den sich die Herrschaften im Elfenbeinturm der EU ausgedacht haben. Ich habe vieles dafür getan, dass ich den Datenschutz nicht so sehr verletze. Warum soll ich denn Daten weitergeben? Warum soll ich über die Gebühr Daten sammeln? Was hätte ich denn davon? Ich habe eh keine Verwendung dafür. Und Zeit, mich mit diesem ganzen Datenberg zu beschäftigen, habe ich auch bloß nicht.

Der Schutz der Daten ist ein wichtiges Vorhaben. Und ich unterstütze jeden, der dieses Vorhaben im Blick hat. Aber so, wie der Datenschutz-Irrsinn dann am kommenden Freitag eingeführt wird, kann dieser ganze Mist nur schief gehen. Es soll niemand sagen, dass das keiner gewusst hat. Es gibt unzählige Rechtsanwälte, Experten, Blogger, die die Europäische Kommission vor der Einführung in dieser Form gewarnt hatten. Nun müssen es halt alle ausbaden, was da kommt.

Das Internet wird sich verändern

Die Vielfalt wird abnehmen. Damit wird die Meinungsbildung behindert. Und die freie Meinungsäußerung wird schwieriger. Die DSGVO wird vornehmlich die kleinen Anbieter aller Branchen und Nischen treffen. Egal, wie man es dreht. Und bald wird sich jeder fragen, was man denn überhaupt noch darf. Das mag bei der EU nicht als Ziel ausgegeben worden sein. Aber genau das wird am Ende dabei heraus kommen, wenn die DSGVO am Freitag kommt. In dem verlinkten Artikel der Süddeutschen steht:

Es wäre doch schade, wenn an sich gute Ideen wie der Schutz persönlicher Daten, das Recht, sie einzusehen, zu löschen, überlagert würden vom Treiben gieriger Anwälte oder übereifriger Kontrolleure. Mag auch manches nicht perfekt sein, mag das ein oder andere noch der Korrektur bedürfen. Die EU hat mit der Verordnung ein Zeichen gesetzt, das auch in anderen Weltregionen für Aufsehen sorgt und als Vorbild dient. Nun kommt es darauf an, wie sie umgesetzt wird.

Genau, und dieses Problem sehe ich auch. Und aus diesem Grund wird sich das Internet und das Geschäftsleben verändern. Man hört Dinge aus Arztpraxen, Psysiotherapien, von Steuerberatern, von wem auch immer. Hier muss Maß gehalten werden. Sonst gefährden wir unsere gesamte Gesellschaft. Es ist keine Frage, dass die Daten geschützt gehören. Aber wie das Ziel erreicht wird, das ist die alles entscheidende Frage. Und es ist eben so entscheidend, wie viele Blogs in dem Zuge noch sterben werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert