Die digitale Landwirtschaft hat längst begonnen. Warum auch nicht? Die Welt dreht sich nun einmal weiter. Aber es gibt einen Pferdefuß dabei. Denn man wird nicht müde zu behaupten, dass durch die Digitalisierung – auch in der Landwirtschaft – der Klimawandel beschleunigt wird. Sicher: Digitale Instrumente erhöhen den Stromverbrauch. Aber ist dies das Ende des Abendlandes? Reden wir mal im Abwasch der Woche darüber.
Was bedeutet digitale Landwirtschaft?
Wenn wir uns an das vergangene Jahr erinnern, können wir mit Fug und Recht behaupten, dass der Planet zurückschlägt, nachdem der Mensch ihn schwer geschädigt hat. Wenn ich nur mal einen kleinen Horizont annehme und auf Leipzig schaue, dann war der letzte Sommer barbarisch, weil viel zu trocken und viel zu lang.
Spätestens im Jahr 2018 sollte bekannt geworden sein, dass sich das Klima ändert. Auch wenn Spaßmacher wie Donald Trump etwas anderes behaupten. Es gab jede Menge Berichte darüber, dass den Landwirten die Böden unter den Fingern zerbröselten. Der Mais war vielerorts vergangenes Jahr nur maximal halb so hoch wie gewöhnlich gewachsen.
In Zeiten solcher extremen Wetterverhältnisse könnte die digitale Landwirtschaft Einzug halten, wenn denn ein Netz dafür zur Verfügung stehen würde. Es geht ja nicht darum, dass der Bauer auf seinem Traktor „Bauer sucht Frau“ mit Tinder spielt. Schauen Sie mal in dieses Dossier hier, was digitale Landwirtschaft alles bedeutet.
Wir reden hier über solche Dinge wie Sensorik, um die Feuchtigkeit der Böden zu messen und ggf. für Befeuchtung zu sorgen. Wir unterhalten uns über Wetterdaten. Und was ist mit Drohnen und GPS-gesteuerten Fahrzeugen, um die Felder zu bewirtschaften? Na klar, auch hier kommt man nicht ohne markige Worte aus und erzählt von „Landwirtschaft 4.0“. Klingt ja auch gut.
Ich habe neulich mal eine Debatte zum künftigen Mobilfunkstandard 5G mitbekommen. Über das Thema schrieb ich auch bereits. Natürlich muss nicht jede Milchkanne über einen schnellen Internetanschluss verfügen. Darum geht es bei 5G auch gar nicht. Aber wenn die Sensoren auf dem Feld irgendwelche Werte gesammelt haben und diese mit Wetterdaten abgleichen wollen, muss das vom Netz her möglich sein.
Angst vor allem, was möglich ist
Ja, man muss es so sagen: Die Digitalisierung ist Fluch und Segen zugleich. So auch, wenn wir uns über die digitale Landwirtschaft unterhalten. Viele Dinge sind einfach nur Testprojekte zu allem, was möglich ist. So war das mit den twitternden Bäumen. Und so war das mit den Blumen-Robotern. Und genau genommen geht es beim Sprechen mit Blumen auch darum.
Das Alles sind Testballons, was alles so gemacht werden kann. Na klar, das macht schon ein wenig Angst. Aber unterliegt das nicht etwa dem Umstand, dass das Bevölkerungswachstum auf der Erde weiter anhält und all die Menschen auch versorgt werden müssen? Hier muss man dann am Ende effizienter werden.
Und wie soll das denn gehen, wenn wir nicht die Technik nutzen, die sowieso vorhanden ist? Natürlich, man muss darüber nachdenken, diese ganzen Entwicklungen unter ethischen Gesichtspunkten zu betrachten. Und ich glaube, da man sich exakt hier auf nichts einigen kann, bleiben die technischen Entwicklungen eben nur Testballons.
Digitale Technik mit dem Internet of Things kann zu mehr Nachhaltigkeit führen. So können beispielsweise Stromspitzen abgefangen werden oder Niedrigspannung ausgeglichen werden. Und in der digitalen Landwirtschaft kann zu wenig Niederschlag eben durch Sensor-gestützte Beregnung ausgeglichen werden.
Mit Copernicus die Erde beobachten
Bleiben wir aber mal bei der digitalen Landwirtschaft. Wie können die Landwirte die Vorzüge nutzen? Vieles passiert ja heutzutage eh schon digital. Die Milchproduktion wird immer weiter optimiert, weil der deutsche Verbraucher eben lieber 62 Cent pro Liter statt 1,40 Euro pro Liter Milch bezahlen will. Hier hat die Landwirtschaft optimieren müssen.
Das Programm Copernicus ist ein Gemeinschaftsprogramm der EU, der ESA, der EUMETSAT und den EU-Mitgliedsstaaten. Copernicus stellt Dienste für die zivile Sicherheit zur Verfügung, so auch die Erdbeobachtung mit Sentinel, Boden- und Luft-gesteuerte Beobachtungssysteme, Geo-Informationsdienste, Datenhaltung und so weiter.
Mit Copernicus können die Daten aus den Boden-Sensoren abgeglichen werden. Kombiniert mit Wetterdaten können so vermutlich Vorhersagemodelle zur Bewirtschaftung erarbeitet werden. Dafür braucht man nicht ständig schnellstes Internet, keine Frage. Aber die Landwirte brauchen dafür eine zuverlässige Verbindung, wenn sie benötigt wird.
Und nicht mal das ist gegeben. Soll der Landwirt zum Abrufen der Daten aus Copernicus erst in die nächstgrößere Stadt fahren? Dafür wurde das Alles nicht geschaffen. Die Landwirte sollen freilich kein Online Casino oder sonstwas nutzen. Das wollen die während der Arbeit vielleicht auch gar nicht. Sie wollen ihre Daten zuverlässig nutzen können. Das wäre dann digitale Landwirtschaft.
Früher hat das doch auch niemand gebraucht…
Kennen Sie solche Aussagen wie „Früher ging es doch auch ohne“. Ja, das mag richtig sein. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass Die LPGs der DDR mit wahnsinniger Technik ausgestattet waren. Aber das Argument zählt doch gar nicht mehr. Denn wir können das Argument „früher“ einfach so nicht stehen lassen.
Die Weltbevölkerung nimmt tagtäglich zu. Beginnend ungefähr im Jahr 1700 bis heute hat die Weltbevölkerung von etwa 0,5 Milliarden Menschen auf über 7 Milliarden Menschen zugenommen. Gerade mit der Industrialisierung bekam das Ganze einen gewaltigen Schub. Zudem nahm der Platz für Felder immer weiter ab.
Wenn wir mal die Klimaveränderung außen vor lassen, dann haben wir gerade im vorherigen Absatz wichtige Argumente dafür gefunden, wieso die Landwirtschaft immer weiter optimiert werden muss. Und wenn Sensorik, Digitalisierung etc. zur Verfügung stehen, soll man sie auch für die Landwirtschaft nutzen können.
Wenn wir uns dann noch mit dem Klimawandel beschäftigen, sind wir wieder da, wo wir oben angefangen haben: Die Böden müssen kontrolliert werden und ggf. automatisch bewässert werden. Die Kontrolle muss die Sensorik übernehmen. Und die muss auch die Bewässerungsanlagen auslösen. Aber nur, wenn das Wetter weiter trocken bleibt.
Ich kann mich auch noch an knochentrockene Sommer in meiner Kindheit erinnern. Zu der Zeit gab es auch Ernteausfälle. In den DDR-Läden war das Brot dann wahrscheinlich eine Stunde eher ausverkauft. Aber auch nur deshalb, weil es viel mehr Ackerflächen als heute gab. „Früher war alles besser“ mag stimmen, ist aber nur eine Verklärung der Umstände.
Eine Perspektive für die Landwirte
Na klar, wir stellen uns nach wie vor den Bauern vor, der mit dem Heuwender zu Gange ist. Aber das ist alles Nostalgie. Die Landwirtschaft ist eine Industrie. Und ein Industriezweig muss über eine Infrastruktur verfügen. Bei der digitalen Landwirtschaft bedeutet das: Straßen und Wege, aber eben auch Wasser, Strom, Netzwerke etc.
Die Produktion von Nahrung unterliegt in Deutschland höchsten Erwartungen. Gleichzeitig zahlen wir in Deutschland vergleichsweise wenig für Nahrung. Die Erzeugung von Nahrung muss deshalb auch moderne Elemente enthalten. Und hier bietet sich für die Landwirte mit der Digitalisierung eine Perspektive.
Und mal ehrlich, vielleicht schafft es eine digitale Landwirtschaft mit den genannten Elementen auch, solche Schadstoffe wie Glyphosat zu minimieren. Und wer weiß, vielleicht reduziert sich die Methan-Belastung durch die Tiere. Und nicht zuletzt ist vielleicht auch eine geringere Nitrat-Belastung des Grundwassers die Folge.
Das mag sicherlich auch alles ein Stück weit utopisch klingen. Aber wie soll es denn anders gehen, dass alle 7 Milliarden Menschen satt werden, wenn die Industrienationen die Erde nachhaltig beschädigt haben? Wie sonst würde es wohl die viele Mikroplastik im Meer geben? Die Industrie muss mithelfen, dass der Planet wieder lebenswerter wird. Und das gelingt auch durch digitale Landwirtschaft.