Mysteriös: Die unsichtbaren Piraten

PRISM, Tempora, Geheimdienste, Enthüllungen. Es hätte die Steilvorlage schlechthin für die gestrandeten Piraten sein können. Sie hätten sich in prominenten Medienplätzen wie der allabendlichen Tagesschau klar und deutlich zu Wort melden können und Position beziehen können. Allerdings hört man nicht viel von den ambitionierten Bürgerrechtspolitikern.

Warum ist das so? Warum können sie nicht Farbe bekennen? Sicher, es gibt ein Programm zur bevorstehenden Bundestagswahl. Aber mal ehrlich, das kann doch nicht alles sein. Kein Mensch liest Wahlprogramme. Jeder will kurz und knapp wissen, wo man eine politische Partei einordnen soll. Und mit kurz und knapp haben sie es nicht so. Stattdessen ist die öffentliche Wahrnehmung, dass sie zu wenig mitteilen.

Sie organisieren Demonstrationen, sie arbeiten Petitionen aus, sie mahnen die Geheimdienste ab. Alles wunderbar. Man kann nicht behaupten, dass die Piraten untätig sind. Sie haben durchaus ihre Kernthemen in dem Skandal rund um PRISM und Tempora und das verachtungswürdige Verhalten der Geheimdienste NSA, GCHQ, BND usw. wiedergefunden. Keine Frage.

Aber klar und deutlich können sich die Piraten nicht äußern. Für den nicht kundigen Internetnutzer lesen sich die Unmassen an Tweets und Blogartikel wie pures „Nerd-Gequatsche“. Und so werden die Piraten schlichtweg ignoriert und überhört. Und das, obwohl der größte Datenschutzskandal der Neuzeit die Partei wie von selbst in alle deutschen Parlamente (in den Ländern und im Bund) spülen müsste.

Die Debatte wird aber nicht durch sie bestimmt. Statt dass die Debattenführer Katharina Nocun, Bernd Schlömer, Marina Weisband oder Christopher Lauer heißen, heißen sie in diesen Tagen eben Konstantin von Notz, Tobias Schwarz oder andere Grüne. Lediglich von Anke Domscheit-Berg von den Piraten hört man das eine oder andere. Es kommt dem Beobachter fast so vor, als ob sich die schweigsamen Piraten ein Beispiel an der schweigsamen Kanzlerin genommen haben.

Katharina Nocun weiß zu allem Überfluss, woran das liegt, dass die Piraten bestenfalls nur als Randerscheinung wahrgenommen werden. Sie schiebt das auf die mangelhafte Pressearbeit. Außerdem haben sie es versäumt, mit dem Finger auf all die politischen Parteien zu zeigen, die in den letzten Jahren die Überwachung sukzessive ausgebaut haben. Das Kernthema schlechthin haben die Piraten einfach verpasst.

Die Piraten sind in letzter Zeit bedenklich unsichtbar geworden. Nachdem sie sich monatelang ausschließlich mit sich selbst beschäftigt haben und jede Menge Holz verbrannt haben, sind sie eben nicht wie Phönix aus der Asche gestiegen. Es mag sein, dass sie schlichtweg von der Brachialität der skandalösen Überwachung überrascht worden sind. Aber sie haben immer geahnt, dass die Sache mit der Überwachung völkerrechtlich gesehen falsch läuft. Sie hätten vorbereitet sein müssen.

Sie haben nur noch wenig Zeit bis zur Bundestagswahl. Jetzt kommt die Ferienzeit, und halb Deutschland liegt dann lieber an irgendwelchen Stränden herum, als dass man sich mit Politik und vor allem mit Bürgerrechten beschäftigt. Die Piraten wären eine wichtige Kraft im Kampf gegen das Unrecht, aber sie müssen sichtbar werden.

Liebe Piraten, zieht den sprichwörtlichen Finger aus dem Allerwertesten. Das bedeutet, dass man in klaren Worten erfahren will, wie ihr euch in Sachen Datenschutz und Überwachung positioniert. Und das bedeutet nicht, dass ihr daherkommt und mit Unmassen von Links zu Blogartikeln das Volk beschießt.

Guckt euch die etablierten Parteien an. Zwar ist dort viel Gequatsche zu hören. Aber die machen das Spiel. Deutschland braucht eine Kontrollkraft, damit das von Hans-Peter Friedrich, Angela Merkel und Joachim Gauck gewollte oder geduldete uferlose Abhören und Speichern von Daten beendet wird.

Ich erwarte von den Piraten nicht, dass durch ihre Präsenz die Überwachung nun schlagartig ihr Ende findet. Dazu werden sie vermutlich auch zu gering vertreten sein, wenn sie es überhaupt in den Bundestag schaffen sollten. Ich erwarte aber, dass sie sich klar zu Wort melden und auch außerhalb der Parlamente eine deutlich sichtbare Arbeit tun. Denn sie können es. Oder was meinen Sie?

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