Greenwashing oder Nachhaltigkeit: Schließt sich beides aus? Ergänzt sich beides? Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Und ist das gut? Ich schreibe immer mal irgendwas zum Thema. Aber was das Greenwashing betrifft, so bin ich doch ein ziemlicher Neuling. Was hat das denn eigentlich mit Nachhaltigkeit zu tun? Und ist das Alles wirklich so etwas positives?
Greenwashing: PR-Stunt im Namen der Nachhaltigkeit?
Puh, hier fahre ich ja gleich mal Geschütze auf: Ist alles nur ein fetter PR-Stunt? Oder was ist davon zu halten? Greenwashing bedeutet so viel wie: Ich ziehe mir ein grünes Mäntelchen an. Unternehmen tun so, als würden sie gewaltig viel in Sachen Nachhaltigkeit tun. Man kann das Wort auch mit „Grünfärberei“ übersetzen. Aber es sind nicht nur Unternehmen.
Was ist denn mit all diesen Sinnlos-Aktionen, die da die Politik vom Zaun gebrochen hat? Ja, wir verbannen die Plastik-Tüten aus dem Einzelhandel. Wattestäbchen sollen nicht mehr den Plastik-Stab enthalten. Ach ja, Einweg-Besteck und all dieser Firlefanz. Wie viel ist denn darunter, was wirklich ernst zu nehmen ist? Müssen wir da nicht vielleicht anders denken?
Versteht mich nicht falsch, ich denke, dass wir in jedem Fall etwas ändern müssen. Und es ist ja auch bereits das eine oder andere geschehen. Aber das reicht alles nicht. Zumal, wenn wir bedenken, dass vieles wirklich wie ein PR-Stunt aussieht. Vielleicht müsste man tatsächlich in Mario-Barth-Manier sagen: „Nicht quatschen, machen!“
Ach ja, und schon sehen wir Greta Thunberg über den Atlantik schippern. Mit einem Segelboot. Ja, ich halte die Nummer zum Teil für eine PR-Aktion. Na klar, irgendwer muss mal was tun. Und wie soll man den Atlantik überqueren, ohne das Klima zu belasten? Aber muss man Instagram-Stories machen? Muss eine ganze Armada im Flugzeug hinterher fliegen?
Ich kritisiere bei so etwas gar nicht die Aktion an sich, sondern die Umsetzung. Natürlich bin ich nicht davor gefeit, alternativen Fakten aufgesessen zu sein. Aber dann hätte man bei der Nummer Greta-auf-dem-Weg-nach-New-York auf sämtliche Technik verzichten müssen, oder? Aber das ist eigentlich nur ein kleines Beispiel, es gibt schlimmere.
Söder: Kohleausstieg beschleunigen
Ja, ich muss es ansprechen. Ob es euch gefällt oder nicht. Markus Söder zieht seiner CSU gerade ein grünes Mäntelchen an. Er „rettet“ die Bienen, kümmert sich um Windkraft, will den Ausstieg aus der Braunkohle beschleunigen. Gerade letzteres war bei den letzten Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg eine Katastrophe.
Und zwar so sehr, dass die Rechtsaußen von der AFD fast die stärksten Kräfte in beiden Bundesländern wurden. Man kann im Sinne der Nachhaltigkeit gern vom Ausstieg aus der Braunkohle erzählen. Dann muss man aber auch ein betroffenes Bundesland führen und eine Alternative für die Zeit danach haben. Beides trifft auf Söder nicht zu. Was sollte das also?
Das meine ich mit Greenwashing. In einem ehemaligen Agrarland wie Bayern ohne Kohle kann man gern von Bienen und Kohleausstieg erzählen. Die Voraussetzungen sind dann aber andere als in Sachsen und Brandenburg. Ja, ich halte den Ausstieg aus der Braunkohle auch für alternativlos. Aber du musst doch dann die Frage „Und dann?“ beantworten können.
Klar, vielerorts wird die Kohle gar nicht mehr gebraucht, die da im Erdreich schlummert. Denn in knapp 20 Jahren ist definitiv Schluss mit Kohle. Nester wie Pödelwitz südlich von Leipzig müssen nicht mehr enteignet werden. Es passiert aber doch. Es heißt, weil Ministerpräsident Kretschmer so larifari argumentiert.
Aber dann frage ich: Was soll er denn machen, wenn es keine Unterstützung aus dem Bund gibt? Markus Söder, sein Kollege aus dem Bayrischen, hat da sicherlich nicht eine Antwort für den Görlitzer. Sollen hier auch die Bienen her? Die beschäftigen dann aber keine 20000 Menschen und bringen auch keine Energie. Oder habe ich was verpasst?
Weniger plakativ, bitte
Nein, Nachhaltigkeit ist eine ernsthafte Sache. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Und eigentlich muss Nachhaltigkeit als globale Aufgabe begriffen werden. Wie die 7 Milliarden Menschen, von denen ich mal schrieb, die jeder einen Tropfen Wasser sparen sollen, um z.B. Felder zu wässern. Wenn wir weniger plakativ wären, könnte da auch was gehen.
Im Prinzip ist es doch so: Wenn Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt aus der Kohle aussteigen, ist das eine Mammut-Aufgabe, weil so kolossal viel dran hängt. Dafür brauchen die Länder Unterstützung. Bekommen sie jetzt auch – wenn auch widerwillig. Allerdings betreiben dann andere Nationen bestimmt noch mehr Raubbau an der Natur als jetzt schon.
Was ich damit sagen will: Ja, irgendwer muss anfangen. Aber alle anderen müssen mitmachen. Ohne sich grüne Mäntelchen anzuziehen, ohne mit Instagram-Stories auf sich aufmerksam zu machen, ohne mit halbseidenen Zahlen um sich zu werfen. Das meine ich mit „weniger plakativ“. Denn damit schadet man auch der Nachhaltigkeit.
Wie Äthiopien: Ohne viel Aufhebens zu machen, werden dort einfach mal tausende Bäume gepflanzt. Na klar, es gab Sponsoren für die Nummer, wie eine große deutsche Kaffee-Rösterei. Aber die machen es einfach mal. Dazu braucht man keine großspurigen Worte, finde ich. Und mit falschen Daten muss man auch nicht um sich werfen.
Muss Nachhaltigkeit auch kritisch betrachtet werden?
Ja, wir müssen alle unsere Gewohnheiten hinterfragen. Aber mit der bedingungslosen Maximalforderung kommen wir doch nicht weiter. Muss Elektromobilität das Allheilmittel sein? Muss in jedem Vorgarten ein Windrad stehen? Dass man solche Dinge mit betrachtet, ist doch keine Frage. Besser ist es doch, dass man gesellschaftsfähige Kompromisse macht.
Ich höre da schon wieder, wie von „faulen Kompromissen“ die Rede ist. Aber stimmt der Vorwurf? Ich will gar nicht davon anfangen, ob der Klimawandel menschgemacht ist oder nicht. Das werden wir nicht für alle zufriedenstellend beantworten können. Aber wenn wir alle unseren Teil beitragen, dass es nicht schlimmer als gedacht wird, wäre schon etwas gewonnen.
Wir dürfen halt nur nicht anfangen, wie besoffen das Mantra der Nachhaltigkeit herunter zu beten. Jeder trägt seinen Teil bei. Das ist viel mehr wert, als wenn irgendeine medienwirksame Aktion diskutiert wird. Und ganz ehrlich: Das muss alles schneller gehen. Ja, auch der Braunkohle-Ausstieg. Das muss man aber erklären und die Regionen mitnehmen.
Das ist ja immer mein Reden: Wenn ich nicht erkläre und zeige, welche Chancen eine Veränderung bietet, werde ich die Veränderung nicht umgesetzt bekommen. Das hat mit dem Erarbeiten von Kompromissen zu tun. Deshalb ist auch die Maximierung von Nachhaltigkeit falsch. Und deshalb muss man sie auch immer wieder kritisch betrachten.