Welt von morgen: Was passiert nach COVID-19?

Wie sieht die Welt von morgen aus, wenn die Corona-Pandemie einmal vorbei sein wird? Wenn wir so durch die Diskussionen schauen, dann ist dies gerade das Thema. Denn eines ist mal klar: Es wird zwar noch eine ganze Weile dauern, bis wir sagen können, dass das Alles vorbei ist. Aber die Welt wird danach nicht mehr die gleiche sein. Das kann man drehen und wenden, wie man will. Und deshalb können wir alle mal drauflos spinnen, ob sich in der Gesellschaft irgendwas ändern wird. Machst du mit? Da wir alle zuhause bleiben müssen, bietet sich das ja regelrecht an, oder?

Die Welt von morgen wird keine romantische Vorstellung

Seit vielen Wochen beklage ich mich tagein, tagaus bei meiner Frau darüber, dass auf den Straßen von Leipzig die Hölle los ist. Es ist ein starkes Wort, aber mir kommt da der Vergleich mit einem Kriegsgebiet in den Sinn. Ende 2019 hatte ich ja noch gedacht, dass das Alles etwas mit dem vorweihnachtlichen Stress zu tun hat, bei dem man sich besinnlich in die Hölle begibt. Aber auch die ersten Wochen 2020 waren nicht anders. Wer weiß, vielleicht ist das auch woanders so gewesen.

Ich nutze die Vergangenheitsform deshalb, weil der Verkehr ziemlich ausgedünnt ist. Und die, die noch unterwegs sind, ungewohnt rücksichtsvoll fahren. Man wartet, bis ein anderes Fahrzeug an einem Hindernis vorbei ist. Andere werden durchgewunken. Man grüßt und bedankt sich. Ich gebe mich aber keiner romantischen Vorstellung hin, dass das in einer Welt von morgen auch noch so sein wird. Vielleicht liegt das Alles daran, weil man jetzt eh mehr Zeit hat.

Aber wer weiß, vielleicht überdenken ja viele ihr Handeln. Wer quasi den ganzen Tag „eingesperrt“ ist, hat vielleicht den Gedanken daran, dass man in Zukunft etwas anders als früher machen will. Also wie soll die Welt von morgen aussehen? Hauen wir uns nach wie vor gegenseitig in die Pfanne, sobald sich die Gelegenheit ergibt? Oder wird die Hilfsbereitschaft anhalten, wie sie sich derzeit äußert in Einkaufshilfen, Schnittmuster für Gesichtsmasken, Balkonkonzerten, YouTube-Turnübungen etc.?

Ich denke, die Menschen machen derzeit etwas durch, wofür in der bisherigen Zeit kein Platz vorgesehen war. Sie sind achtsam, ohne dass man ihnen das mit dem Vorschlaghammer einbläuen muss. Sie wünschen den Regaleinräumern im Supermarkt, sie mögen gesund bleiben. All diese Dinge sind verdammt viel wert. Ich habe aber die Befürchtung, dass in der Welt von morgen wieder der Druck des Alltags siegen wird und Ellenbogen statt netter Worte dominieren werden.

Alte, neue Muster – Freiraum gewinnen

In der Welt von morgen werden alte Muster neu belebt und so zu neuen Mustern. Die Frage ist, ob wir so einen Voyer-Chauvinismus wie „Big Brother“ oder „Hartz und Herzlich“ und dergleichen wirklich brauchen. Wir werden uns mit Dingen auseinandersetzen wie: „Hast du etwas Zeit für mich“, wie es NENA in den Achtzigern sang. Ich hoffe, dass wir aus dieser jetzigen Situation lernen, dass das Leben auf der Überholspur nicht immer erstrebenswert ist.

Niemand wird sich denken, Instagram-Influencer-Sternchen unbedingt folgen zu müssen und das für das eigene Leben zu brauchen. Insofern wird wohl ein Wirtschaftszweig aussterben, der mir immer schon höchst suspekt war. Vielleicht fragen sich in Zukunft die Menschen häufiger, was wirklich zählt. Daraus ergeben sich vielleicht Muster in der tagtäglichen Existenz, die lange als ausgestorben galten und deshalb dann wieder neu entdeckt werden.

Wie riecht Regen? Wie fühlt sich Gras an? Wir werden uns hoffentlich in Zukunft wieder mehr Zeit dafür nehmen, wofür es sich zu leben lohnt. Das ist nun mal nicht der nächste Flug zu einem überaus wichtigen Meeting. Man wird solche Dinge auch zukünftig häufiger online per Videokonferenz abhalten. Und die gewonnene Zeit nutzt man dann vielleicht für einen Spaziergang in der Mittagspause. Und vielleicht telefonieren wir künftig wieder mehr mit unseren Familienangehörigen?

Alte Muster werden zu neuen Mustern, indem wir innehalten und uns fragen, ob das wirklich alles nötig ist. Wenn uns Corona eines lehrt, dann ist es, dass wir tagtäglich unseren Freiraum neu erkämpfen müssen. Derzeit wartet die Welt darauf, dass es endlich damit losgehen kann. In der Welt von morgen muss der Kampf aber weitergeführt werden. Sonst sind wir bei der nächsten Krise wieder an genau dem gleichen Punkt wie heute.

Resilienzvorsorge

Die Cloud-Dienste von Konzernen aus den USA. Smartphones aus Fernost. Kleidung aus Indien und Bangladesh. Kartoffeln aus Nordafrika. Obst aus Südafrika. Unsere Welt ist globalisiert. Aber wird das die Welt von morgen auch noch sein? Bestimmt. Aber denken wir mal darüber nach, ob es nicht sinnvoll ist, eine gewisse Resilienzvorsorge zu betreiben? Wie ist das mit deutschen und europäischen IT-Unternehmen, mit Landwirten, Bekleidungsunternehmen etc.?

Gerade in der jetzigen Zeit wird es deutlich, dass das Ding mit der Globalisierung nicht gut verläuft, wenn man es auf die Spitze treibt. Natürlich werden Orangen aus Simbabwe günstiger sein als die aus Spanien. Was aber, wenn Lieferketten ausbleiben? In der Stromversorgung wird ja auch lokal und regional produziert. Ich denke, in Sachen Resilienz wird uns die derzeitige Lage für die Welt von morgen lehren, dass man als Gesellschaft immer einen Teil der Güter im eigenen Land herstellen muss.

Wird sich das Reisen verändern?

Für nen Appel und ein Ei in die Türkei zum Schnorcheln? Ja, ich weiß, das wäre super. Das geht aber nicht. Ich bin davon überzeugt, dass die Welt von morgen eine dramatisch veränderte Form des Reisens mit sich bringen wird. Wir werden erstmal wieder genießen, in der Innenstadt am Markt im Freisitz in der Sonne unseren Kaffee zu trinken. Aber dann wollen wir ja auch wieder los toben. Der Thomas Jansen hat mal ein mögliches Szenario dazu aufgeschrieben.

Wir hatten eigentlich auch dieses Jahr einiges an kurzen Reisen vor. Sowas in diese Richtung hätte es wieder werden sollen. Und mit meiner Tochter wollte ich eigentlich eine Sommer-Version unseres Kurztrips nach Oberwiesenthal machen. Das könnte alles flach fallen. Wird es bestimmt auch. Aber vielleicht können wir uns für die Entbehrungen demnächst belohnen. Es könnte aber sein, dass eher sowas wie dieser Kurztrip vor einiger Zeit dabei herauskommt, als der AI-Urlaub für den Spottpreis.

Die Zukunft wird jetzt verhandelt

Wir erleben derzeit die wohl größte Verunsicherung seit dem Zweiten Weltkrieg. Ich glaube nicht, dass der Zusammenbruch des Ostens oder die Bankenkrise auch nur annähernd so sehr verunsichern konnten. Wie wir aus diesen Zeiten herauskommen, wird gerade verhandelt. Es ist an uns, daran teilzuhaben. Wir können als Gesellschaft im Allgemeinen und als Mensch im Speziellen an dieser Situation wachsen und großen Einfluss an der Gestaltung der Welt von morgen haben.

Wenn wir es schaffen, zumindest einen Teil an Achtsamkeit, Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft und Gelassenheit in eben jene Welt von morgen zu retten, dann könnte diese in der Tat eine bessere als vor COVID-19 sein. Wir müssen uns halt trauen. Die ganze Welt verändert sich durch diese Pandemie. Die Zahl der Toten wird noch weiter steigen. Experten sagen nach wie vor, dass die eigentliche Welle noch bevorsteht. Hier müssen wir einfach durch. Und Acht geben, dass wir gesund und bei Laune bleiben.

Es muss nichts schlechtes sein, eine veränderte Gesellschaft vorzufinden, wenn dieser ganze Kram überstanden ist. Vielleicht rückt die Gesellschaft ja auch näher zusammen. Dann haben wir wirklich vieles geschafft. Unsere Hilfsmittel befinden sich halt zurzeit im Home Office in Form von Microsoft Teams oder Google Hangouts oder Slack oder sonstwas. Es muss halt weitergehen. Wir sollten aber daraus etwas lernen. Für eine bessere Welt von morgen.

3 Replies to “Welt von morgen: Was passiert nach COVID-19?”

  1. Wie sich die Pandemie entwickelt und wie ich zukünftig lebe und mich verhalten – weiß ich alles nicht.
    Erst mal geht es jetzt darum, mich soweit ich kann so gut ich kann, zu schützen. Ob ich überlebe, das hoffe ich und sehe ich dann.

    Warum sollte ich raten, träumen – wie es wird?! Ich versuche im hier und jetzt zu leben – so gut ich es kann. Die Situation ist absolut ungewohnt, bedrohlich und beängstigend.

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