Populismus: Kampf gegen den Endgegner

Im Krieg und in der Politik stirbt als erstes die Wahrheit. Und je mehr Leute man anstachelt, desto mehr herrscht Krieg. Das ist Populismus. In zweieinhalb Monaten wird in Sachsen darüber entschieden, wer künftig das Land regiert. Und es wird immer lauter, wie hier umher geschrieen wird. Ich will das Alles nicht. Aber es ist leider so, dass man gar nicht umhin kommt, so etwas mitzubekommen. Es ist viel Populismus dabei. Und das ist unerträglich.

Was ist eigentlich Populismus?

Wenn man sich so umhört, welche Meinungen so über diverse Parteien herrscht, dann müssen wir uns ernsthaft darüber unterhalten, was denn überhaupt der Begriff „Populismus“ bedeutet. Uns hilft dabei die Wikipedia. Denn dort steht, dass die Themenauswahl und die Rhetorik mit politischen Absichten verbunden ist und auf Volksstimmungen gerichtet ist.

Und wenn wir uns das deutsche Politik-Spektrum anschauen, dann stellen wir immer mehr fest, dass es lauter geworden ist. Man will dem Volk „aufs Maul schauen“ und volksnah wirken. Dabei ist darunter vieles, was man einfach nur als Populismus bezeichnen darf. Allmählich macht das müde. Denn eigentlich wissen wir ja, dass es den Parteien nur um Stimmen bei Wahlen geht.

Die Parteien bewerfen sich gegenseitig mit den Vorwürfen, populistisch zu sein. Nicht selten meinen die direkten Gegner dabei, besser auf Volkes „Maul“ schauen zu können. Und dabei meine ich als direkte Gegner nicht „Linke“ und „Rechte“. Sondern ich meine alle, die einfach nur noch wie die Schafe umher blöken. Will man das wirklich noch hören?

Ja, ich weiß, das muss Deutschland politisch aushalten können. Aber dass sich unterschiedliche politische Kräfte gegenseitig mit Vorwürfen überziehen, aber nicht dazu in der Lage sind, sich an einen Tisch zu setzen, das ist armselig für eine Demokratie wie die hiesige. Und das macht mir Sorgen in Bezug auf die Landtagswahl in Sachsen.

Grüne und AfD als Endgegner

Es geht hier in Sachsen schon lange nicht mehr darum, wie stark die CDU werden wird, wenn die Landtagswahlen rum sind. Und ob die SPD dann weiter im Landtag zugegen sein wird, ist auch noch ungewiss. Die FDP ist ja schon draußen. Und die LINKE verhält sich erstaunlich ruhig. Es geht in Sachsen darum, wer lauter ist: Grüne oder AfD?

Für einen großen Teil der Sachsen ist ein AfD-Ministerpräsident ein Horror-Szenario. Mich eingeschlossen. Für einen weiteren großen Teil würde dieses Szenario bedeuten, dass es mit Sachsen endlich wieder voran ginge. Und ein dritter Teil ist unentschieden, oder ihnen ist es schlichtweg egal.

Für die Grünen gilt das Gleiche. Ein Teil findet einen grünen Ministerpräsidenten gar nicht so schlecht. Andere finden das schrecklich. Und ein Teil zuckt mit den Schultern. Was dabei auffällt: So richtig Platz ist da gar nicht für CDU und SPD, die das Land in den letzten Jahren geführt haben. Waren sie erfolgreich? Das spielt keinerlei Rolle.

Mit denen rede ich nicht!!1!!elf!!!

Ich vertrete die Meinung: Mir ist ein Rechter, der seine Meinung fundiert begründen kann, lieber als ein Linker, der einfach nur dagegen ist. Und umgekehrt ist das genau so. So ist das aber nicht bei den politischen Kräften hier in Sachsen. Und darüber thront ein zahnloser Tiger Michael Kretschmer, der dagegen nichts ausrichten kann und will.

Eigentlich ist Kretschmer die ärmste Sau im sächsischen Landtag. Er hat ja gute Ideen. Ich habe ihn ja erlebt. Aber egal, was er erzählt, seine Einlassungen werden sofort von allen im Landtag und außerhalb in der Luft zerrissen. Natürlich war er bisweilen ungeschickt. Aber das Erbe von Stanislaw Tillich ist nun einmal verbrannte Erde, die er nicht einfach löschen kann.

Er hatte sich lange Zeit so positioniert, dass er garantiert nicht mit der AfD Geschäfte machen will. Ob er allerdings am „Tag X“ noch anders kann, weiß ja niemand. Er ist ein unsicherer Ministerpräsident. Und das zeigt sich auch in so vielen Äußerungen, die er dieser Tage von sich gibt.

Das macht ihn aber für viele Menschen – auch solche, die nie in Sachsen waren – automatisch zum „rechtspopulistischen Ministerpräsidenten, der sich mit der AfD ins Bett legt“. Er wird von AfD und Grünen aber nach Herzenslust attackiert. Und beide attackieren sich auch untereinander.

Die AfD ist für die Grünen DIE „Nazi-Partei“ schlechthin. Und umgekehrt sind die Grünen für die AfD die „Verbotspartei“ schlechthin. Man muss sich gegenseitig ausgrenzen und runter reden. Aber man darf niemals „den Fehler“ begehen und sich miteinander unterhalten. Denn „mit denen“ reden wir nicht. Kommen wir so weiter? Nein.

Vogelschiss gegen Klima-Gretel

Ein wesentliches Wesen des Populismus ist es doch, möglichst markig daher zu kommen. Da wird die Schwedin Greta Thunberg, die „Fridays for Future“ ins Leben gerufen hatte, gern mal von der AfD als „Klima-Gretel“ verunglimpft. Ob sie wenigstens zum Teil Recht hat, spielt dabei keine Rolle. Hauptsache, man hat Schenkelklopfer.

Umgekehrt kommen andere auf Idee, jeden in der AfD als Holocaust-Verleugner hinzustellen. Als ob jeder die Gaulandsche „Vogelschiss“-Einlassung mittragen würde. Natürlich hatte sich Alice Weidel in den Bundestag gestellt und „Deutschland, du elendes Stück Scheiße“ gerufen. Das ist Deutschland-verachtend und deshalb darf man diese Partei nicht wählen.

Ich denke, wir sind im Populismus in Deutschland an dem Punkt angekommen, an dem es um den Kampf zwischen AfD und Grüne geht. Beide akzeptieren ausschließlich ihr eigenes Maximum. Alles andere wird fauler Kompromiss gewertet. Und deshalb dürfte es nur um diese beiden Parteien in Sachsen gehen, nicht um die CDU und erst recht nicht um die SPD.

Wozu denn Kompromisse?

Ich war im letzten Herbst auf einer Ideenkonferenz zu Smart Cities. Alle Welt will die vernetzten Städte, in denen Stromspitzen abgefangen werden, wo die Patientenversorgung digitalisiert ist, wo es sauberen öffentlichen Nahverkehr gibt et cetera peh peh. Ach ja, und die Braunkohle soll ja auch verschwinden. Das sind alles gute Ideen, die definitiv umgesetzt gehören.

Aber wie soll man das denn machen? Wenn in Sachsen „per Schalter“ (wie die AfD gern behauptet) die Kohle-Verstromung enden würde, würden zehntausende Menschen arbeitslos werden. Kretschmer hatte bislang keine Unterstützung vom Bund, Anschluss-Arbeit und konkrete Projekte zu ermöglichen. Erst kürzlich tat sich dazu etwas.

Kretschmer betonte auf der Ideenkonferenz, dass er „lieber heute als morgen“ aus der Kohle aussteigen würde. Aber er kann ja nicht die betroffenen Regionen ins Chaos stürzen. Und außerdem würde das gar nichts bringen, weil dann Sachsen Atom- und Kohlestrom aus Polen und Tschechien importieren müsste.

Also muss man Kompromisse machen. Das ist schwierig. Und mir scheint, als ob der Sinn dafür den Grünen und der AfD fehlt. Aber das ist nur eine persönliche Meinung. Gleichwohl weiß ich, dass in beiden Parteien durchaus vernünftige Menschen ihr politisches Zuhause haben. Das ist auch in Ordnung. Man darf ihnen nur nicht die Daseinsberechtigung absprechen.

Politik ist immer das Finden von Lösungen und Kompromissen. Dazu sind „große Koalitionen“ nur bedingt tauglich. Ich bin mir nicht mal sicher, ob das in Sachsen mit der derzeitigen CDU möglich ist. Welche Alternativen gäbe es denn dann? Ich weigere mich, die Blauen als mögliche Alternative anzusehen. Aber man muss akzeptieren, dass das bei anderen Menschen eben durchaus denkbar ist.

Viele haben den Osten nicht verstanden

Viele aus dem tiefsten Westen Deutschlands melden sich zu Sachsen zu Wort. Vor allem bezüglich der bevorstehenden Oberbürgermeisterwahl in Görlitz. Auch aus der Schweiz kommen da Wortmeldungen. Die meisten Wortmeldungen aus den Großstädten NRWs lauten ungefähr so, dass Sachsen verloren ist und hier alles Nazis wohnen.

Ihr habt es alle nicht verstanden. Hat denn niemand diesen Artikel von mir gelesen? Wer auf Sachsen herumhackt, dass hier der „Hort des Rechtsextremismus“ ist, betreibt auch Populismus und ist nicht besser als die AfD. Vielleicht würde es helfen, sich mit dem Bundesland zu beschäftigen.

Das würde aber bedeuten, dass man weniger blöken würde. Sachsen befindet sich im Umbruch. Der muss mit Bedacht erfolgen, sonst geht der in die Hose. Warum für so einen Gedanken dann Kretschmer in den sozialen Netzwerken beleidigt wird, ist mir nicht klar. Auch das ist Populismus.

Wir haben in Sachsen freilich genug CDU-Ministerpräsidenten gehabt. Der desaströse Tillich brachte das Fass eigentlich zum Überlaufen. Aber ein AfD-geführtes Sachsen kann nicht gut sein. Und ob die Grünen Sachsen in die Zukunft führen könnten, bezweifle ich ebenfalls. Redet miteinander und bezeichnet euch nicht ständig als Endgegner. Danke.

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